Kein Geld für ein warmes Mittagessen, Nachhilfe oder Ferienfahrten: Jedes 5. Kind unter 18 Jahren in Deutschland wächst in Armut auf. Wir setzen uns dafür ein, Kinderarmut nachhaltig zu überwinden.
Die 14-jährigen Zarah* ist Schülerin der 8. Klasse eines Gymnasiums. In vielen Fächern und für Schulprojekte benötigen die Kinder dort einen Computer. Zarahs Mutter ist alleinerziehend. Die Familie mit insgesamt vier Kindern lebt am Existenzminimum.
Zarah ist eines der wenigen Kinder in ihrer Klasse, das zu Hause keinen Computer hat. Nicht nur, dass Zarah dadurch an digitalen Gruppenaktivitäten der Klasse wie Chatten nicht teilnehmen kann. Ihr fehlt auch die Möglichkeit, online für Schulaufgaben zu recherchieren oder weitere digitalen Kompetenzen zu lernen. Wer sich in unserer digitalen Gesellschaft nicht die entsprechende technische Ausstattung leisten kann, ist ausgegrenzt.
Zarahs Beispiel lässt sich auf nahezu alle Lebensbereiche übertragen: Kinder aus armutsgefährdeten oder armutsbetroffenen Haushalten sind in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Sie haben zum Beispiel insgesamt eine schlechtere Chance auf Bildung beziehungsweise auf einen höheren Bildungsabschluss. Nachhilfe, Hobbies, Museumsbesuche oder außerschulischer Musik- oder Sportunterricht sind für die Familien oft nicht zu bezahlen. Auch für Erholungsreisen oder eine gesunde, ausgewogene Ernährung fehlt oft das Geld.
*Name des Kindes geändert
brauchen Kinder laut Bundesverfassungsgericht , um am Existenzminimum leben zu können. In der Realität steht den wenigsten armutsgefährdeten oder armutsbetroffenen Familien dieses Geld zur Verfügung.
Kinder wachsen in Deutschland in Armut auf. Anders ausgedrückt: Jedes 5. Kind in Deutschland ist von Armut betroffen.
der Deutschen sind laut dem Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerkes der Meinung, dass die Politik zu wenig tut, um die Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen.
Jedes 5. Kind in Deutschland ist von Armut betroffen. Auf diesem hohen Niveau stagniert die Kinderarmut nun seit fast zwei Jahrzehnten. Hauptgründe für die hohe Kinderarmut in Deutschland sind zum einen die Arbeitslosigkeit der Eltern, zum anderen die steigende Zahl jener Eltern, die zwar Vollzeit arbeiten, aber deren Einkommen trotzdem nur knapp über dem Sozialhilfesatz und damit an der Armutsgrenze liegt.
Besonders hart trifft es Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Viele Menschen müssen mit Bürgergeld aufstocken, weil ihr Lohn nicht ausreicht, um ihre Kinder angemessen zu versorgen. Hinzu kommen die gestiegenen Lebenshaltungskosten durch die Inflation. Diese üben zusätzlichen Druck auf die Familien mit ohnehin schon niedrigem Einkommen aus.
Alle Kinder und Jugendlichen haben gemäß Artikel 26 und 27 der UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf ein gutes Aufwachsen, bestmögliche Entwicklungschancen und soziale Sicherheit.
Keine andere Altersgruppe ist so stark von Armut betroffen wie Kinder und Jugendliche. Sie leiden am meisten unter der finanziellen Notlage ihrer Familie. Besonders schwierig ist die Situation in Familien mit nur einem Elternteil ebenso wie für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund. Sie wachsen deutlich häufiger in Armut auf als deutsche Kinder.
Kinderarmut bedeutet Ausgrenzung, Benachteiligung, ständiger Verzicht. Sie ist oftmals behaftet mit Scham sowie dem dauernden Kampf gegen Vorurteile. Und: Sie kann sich auf das gesamte Leben der betroffenen Kinder auswirken.
Ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung stellt Staat und Gesellschaft ein schlechtes Zeugnis bei der Bekämpfung der Kinderarmut aus. Das zeigt der Kindereport 2023.
Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert gleiche Teilhabechancen für armutsbetroffene Kinder – zum Beispiel durch eine Kindergrundsicherung.
Umweltbelastung, Spielflächen, Gesundheitsversorgung: Die Studie untersucht sozialräumliche Ungleichheiten für Kinder in sieben deutschen Großstädten.
Das Deutsche Kinderhilfswerk unterstützt seit mehr als 50 Jahren Kinder, die von Armut betroffen sind. Deutschlandweit fördern wir Projekte zur Teilhabe von benachteiligten Kindern. Wir helfen gezielt, wenn armutsbetroffenen Kindern gerechte Chancen verwehrt bleiben.
Um finanziell benachteiligten Kindern zu helfen, hat das Deutsche Kinderhilfswerk 1993 den Kindernothilfefonds eingerichtet. Auf diese Weise helfen wir armutsbetroffenen oder armutsgefährdeten Haushalten schnell und unbürokratisch, wo staatliche Stellen zu langsam sind oder keine Unterstützung gewähren.
Mit der Einzelfallhilfe fördern wir zum Beispiel Lern- und Bildungsmaterialien, Kinderkleidung oder die Teilnahme an Erholungsmaßnahmen. Auch Kinderhäuser – wichtige Anlaufstellen für Kinder in schwierigen Verhältnissen – werden über den Kindernothilfefonds gefördert. Geflüchtete Kinder und Familien mit Migrationshintergrund können Unterstützung für Kleidung, Übersetzungen oder medizinische Versorgung erhalten.
Wenn es darum geht, Kinderarmut nachhaltig zu überwinden, ist der Staat gefragt: Bund, Länder und Kommunen stehen in der Verantwortung, allen Kindern ein gutes und gesundes Aufwachsen sowie gleiche Lebenschancen unabhängig von ihrem Wohnort und ihrer Herkunft zu ermöglichen. Dafür setzt sich das Deutsche Kinderhilfswerk in seiner politischen Arbeit und gemeinsam mit vielen Partnerorganisationen ein. Mit unserer politischen Lobbyarbeit rücken wir den Fokus von politischen Entscheidungsträger*innen immer wieder auf die hohe Kinderarmut in unserem Land. Zu diesem Ziel sind wir Mitglied im Ratschlag Kinderarmut, der größten zivilgesellschaftlichen Plattform zur Bekämpfung von Kinderarmut, und der Initiative der Nationalen Armutskonferenz.
Gemeinsam mit 17 anderen Verbänden im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzt sich das Deutsche Kinderhilfswerk auf nationaler Ebene seit vielen Jahren für eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung ein. Diese soll das bestehende System der ungleichen Familienförderung ablösen. Sie soll kindbezogene Leistungen bündeln und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem sozial gerecht gewährleisten.
Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt, dass nach langem politischem Ringen eine Einigung innerhalb der Bundesregierung zur geplanten Kindergrundsicherung zustande gekommen ist. Die Kindergrundsicherung ist aber nach jetzigem Planungsstand nicht die erhoffte umfängliche Reform, die die Kinderarmut in Deutschland umfassend und nachhaltig beseitigen wird. Dafür müsste der Gesetzesentwurf erheblich verbessert werden – zum Beispiel durch deutlich erhöhte Leistungen und indem das kindliche Existenzminimum neu berechnet wird. Um betroffenen Familien den Zugang zur Kindergrundsicherung zu erleichtern, sollte es nur eine verantwortliche Stelle geben.
Um die Kinderarmut in Deutschland nachhaltig zu überwinden, braucht es neben der Kindergrundsicherung aber noch weitere Instrumente. So fordert das Deutsche Kinderhilfswerk unter anderem mehr Investitionen in Bildung, einen Ausbau der Ganztagsschulen, damit mehr Eltern Vollzeit arbeiten können sowie höhere Löhne und Maßnahmen bei der Wohnungspolitik, um günstigere Mieten sicherzustellen.
Referentin Kindernothilfefonds