“Du bist doch süchtig!” - mit diesem Vorwurf haben sich wohl schon einige Kinder und Jugendliche konfrontiert gesehen, wenn es um ihre Mediennutzung geht. Und tatsächlich ist Computerspielsucht mittlerweile als Erkrankung anerkannt. Warum das Deutsche Kinderhilfswerk dennoch einen differenzierten Blick auf den Begriff Mediensucht fordert.
Digitale Medien spielen für Kinder und Jugendliche eine immer wichtigere Rolle. Internet, Smartphones, Fernsehen und Spielekonsolen gehören zu ihrem Leben als selbstverständlicher Teil dazu. Insbesondere das Internet nutzen sie wie nie zuvor. Das hat dazu geführt, dass das Thema Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen immer häufiger diskutiert wird.
Zwar ist Computerspielsucht (Gaming Disorder) mittlerweile als eigenständiges Krankheitsbild klassifiziert worden – dies wurde aber sowohl gesellschaftlich als auch in Fachkreisen teils kritisch gesehen. Denn Kinder und Jugendliche könnten von voreilig getroffenen Diagnosen betroffen sein.
Laut der JIM-Studie 2021 verwenden knapp drei Viertel (72 Prozent) der 12- bis 19-Jährigen mehrmals pro Woche bis täglich digitale Spiele. Auch darüber hinaus gehört die Nutzung digitaler Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmedien für eine Vielzahl von Kindern und Jugendlichen zum Lebensalltag und ist somit Teil der Jugendkultur.
Das Deutsche Kinderhilfswerk setzt sich gemeinsam mit weiteren Organisationen für einen differenzierten Umgang mit dem Begriff Mediensucht ein.
Die unreflektierte oder leichtfertige Verwendung des Begriffs der Mediensucht ist aus pädagogischen wie aus medizinischen Gründen kontraproduktiv. Sie trägt einerseits zu einer unnötigen sozialen Stigmatisierung junger Menschen bei, welche intensiv oder exzessiv Medien nutzen. Andererseits kann sie eine angemessene Präventionsarbeit sowie die Ansprache Betroffener erschweren und dazu führen, dass diese nicht ernst genommen und ihre negativen Erfahrungen verharmlost werden. Infolgedessen könnten notwendige und hilfreiche therapeutische Angebote für Betroffene in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt werden. Mehr dazu lesen Sie in unserem Positionspapier.
Die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen gibt an, dass sie selbst oder Freunde in ihrem Umfeld Erfahrungen mit Mediensucht gemacht haben. Dies ist ein Ergebnis des Kinderreports 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes zum Thema Mediensucht und exzessive Mediennutzung. Darüber hinaus plädiert eine große Mehrheit der Befragten dafür, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden sollten. Auch müssten Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert und Therapie- sowie Beratungsangebote ausgebaut werden. Eine Hauptverantwortung zur Vermeidung bzw. Eindämmung von Mediensucht sehen die Befragten neben der Familie und den Nutzer*innen selbst vor allem bei den Anbietern von Medienangeboten.
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