Verfahrensbeiständ*innen müssen Standard werden

Wenn Kinder in Gerichtsverfahren beteiligt sind, müssen ihnen Verfahrensbeiständ*innen zur Seite gestellt werden, die sie begleiten und ihr Wohl und ihre Interessen vertreten. Doch bislang ist die Bereitstellung von Verfahrensbeiständ*innen noch kein bundesweiter Standard. 

Was machen Verfahrensbeiständ*innen?

Zur Wahrnehmung ihrer Interessen brauchen Kinder in Justizverfahren im Regelfall eine professionelle Begleitperson. In familiengerichtlichen Verfahren sind dies Verfahrensbeiständ*innen, die nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten sollen – und nicht die der Eltern. Sie wollen unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein. 

Wie üblich sind Verfahrensbeiständ*innen an Gerichten?

Die Bestellung von Verfahrensbeiständ*innen bisher in keinem Bundesland der Regelfall. Zudem wird bisher nicht genauer aufgeschlüsselt, in welcher Art von Verfahren von der Bestellung abgesehen wird. Die Auswertungen des Deutschen Kinderhilfswerkes auf Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass zwar in vielen Bundesländern eine positive Entwicklung zu verzeichnen ist, aber lediglich in Hessen (53,1 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (55,4 Prozent), Rheinland-Pfalz (50,4 Prozent) und Sachsen-Anhalt (51,5 Prozent) in der Mehrzahl der Verfahren in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen Verfahrensbeiständ*innen vom Gericht bestellt werden. Gleichzeitig ist diese Quote in fünf Bundesländern aktuell sogar rückläufig.

Übersicht über alle Bundesländer 

Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es?

Im Jahr 2021 hat der Bundesgesetzgeber die Rechte des Kindes hinsichtlich der Bestellung des Verfahrensbeistandes nach § 158 FamFG gestärkt. Zudem wurden erstmals bundesrechtliche Vorgaben zur Eignung (§ 158a FamFG), Aufgaben und Rechtsstellung (§ 158b FamFG) und Vergütung (§ 158c FamFG) des Verfahrensbeistandes/der Verfahrensbeiständin normiert. Aus kinderrechtlicher Sicht sind die Gesetzesänderungen zwar zu begrüßen, gehen aber an vielen Stellen nicht weit genug. So gibt es keine Verpflichtung des Gerichts, die Auswahl des Verfahrensbeistandes/ der Verfahrensbeiständin transparent darzulegen und das Kind zu beteiligen. Weiter gibt es keine Möglichkeit für die Aufhebung der Bestellung durch da Gericht, falls das Kind in Einzelfällen mit seinem Verfahrensbeistand/ seiner Verfahrensbeiständin nicht zurechtkommt.  

Verpflichtungen bleiben vage 

Vor allem bleibt die Verpflichtung außer in besonders schwerwiegenden Regelbeispielen nach § 158 Abs. 2 FamFG vage, denn die Bestellung durch das Gericht erfolgt „soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist“ (§ 158 Abs. 1 FamFG). Dies ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes in den meisten Fällen erforderlich, wenn die Möglichkeit eines potenziellen Interessenkonfliktes zwischen Eltern und Kindern nicht ausgeschlossen werden kann. 

Laden Sie sich unsere Schaubilder zum Thema herunter

  • Schaubild 1

    Bestellung von Verfahrensbeiständ*innen in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen nach Bundesländern (2022) 

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  • Schaubild 2

    Bestellung von Verfahrensbeiständ*innen in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen zusammen nach Bundesländern (2013-2022) 

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  • Schaubild 3

    Entwicklung der durchschnittlichen Abrufquote von Verfahrensbeiständ*innen in Deutschland (2013-2022) 

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