Zivilgesellschaft appelliert an Bundesregierung: Keine Kompromisse beim Schutz von geflüchteten Kindern

46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen warnen anlässlich des Treffens der EU-Innenminister*innen vor Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher. Das Deutsche Kinderhilfswerk und andere Kinder- und Menschenrechtsorganisationen rufen die Bundesregierung dazu auf, beim bevorstehenden Treffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni keine Vereinbarungen einzugehen, die die Rechte und das Wohl geflüchteter Kinder und Jugendlicher gefährden. Deutschland muss konsequent gegen die Einführung von Grenzverfahren in Haftlagern, die Ausweitung sicherer Drittstaaten und die Absenkung von Verfahrensgarantien für geflüchtete Kinder und Jugendliche stimmen, so die gemeinsame Forderung.

Die Organisationen warnen vor einer massiven Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher in der EU, sollten die vorgeschlagenen Reformen beschlossen werden. Bereits jetzt kommt es entlang der Fluchtrouten und an den Außengrenzen der EU jeden Tag zu Gewaltanwendung gegenüber Kindern. Die Reformpläne verstoßen nach Ansicht des Bündnisses gegen die UN-Kinderrechtskonvention und begünstigen weitere Kinderrechtsverletzungen. Die Bundesregierung darf diesen Weg nicht unterstützen. Die Wahrung der Menschenrechte und des Kindeswohls muss die Leitlinie der europäischen Politik sein, so der Appell.

„Kinderrechte sind Menschenrechte und müssen immer und überall gelten. Für die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sollten die Rechte der Kinder stärker in den Blick genommen werden. Dafür brauchen wir eine vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls, so dass generell nach den internationalen Verpflichtungen Deutschlands geprüft werden muss, welche Maßnahmen dem Wohl und den Interessen der Kinder am meisten entsprechen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Nach den bisher bekannten Plänen sind auch geflüchtete Kinder und Jugendliche von Inhaftierung oder haftähnlicher Unterbringung an den europäischen Außengrenzen betroffen. Dies verstößt gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht auf Schutz vor Folter und Freiheitsentzug. Die Organisationen ermahnen die Bundesregierung, der eigenen Ankündigung im Prioritätenpapier zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vom 26. April treu zu bleiben und sicherzustellen, dass Minderjährige vom Grenzverfahren ausgenommen werden. Zudem sollen Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, sich wirksam gegen Entscheidungen von Behörden zu wehren. Unbegleitete Minderjährige sollen kindgerechte Unterstützung, Vormundschaft und Rechtsbeistand erhalten. Ohne effektiven Rechtsschutz und kindgerechte Verfahrensbegleitung können die Rechte und das Wohl von flüchtenden Kindern in der EU nicht gewahrt werden.

Auch durch die geplante Erweiterung des Konzepts der sicheren Drittstaaten drohen massive Auswirkungen auf den Schutz von Asylsuchenden in der EU: Wenn Kinder und Jugendliche in der EU ankommen, können ihre Asylanträge - gemäß den aktuellen Beschlüssen des Rates der EU-Innenminister*innen - als unzulässig abgelehnt werden, selbst wenn in einigen Regionen eines außereuropäischen Landes nur ein unzureichendes Mindestmaß an Schutz gewährleistet ist.

Link zum Appell: https://t1p.de/78mbz 

Unterzeichnende Organisationen, Stand 05. Juni 2023:

Amadeu Antonio Stiftung

Amnesty International Deutschland e.V.

Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein

AWO Bundesverband e.V.

Bordermonitoring.eu

Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge - BumF e.V.

Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer - BAfF e.V.

Bundesweite Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL

Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V. (Bündnis KJG) 

Der Paritätische Gesamtverband

Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.)

Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Diakonie Deutschland

DISCOVER FOOTBALL

ECPAT Deutschland e.V.

Equal Rights Beyond Borders e.V.

Exil e.V.

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.

FORUM MENSCHENRECHTE – Netzwerk deutscher Menschenrechtsorganisationen

Frankfurter Arbeitskreis Trauma und Exil

Freizeit für junge Geflüchtete Exil e.V.

GRIPS Werke e.V.

IPPNW e.V. - Deutsche Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriegs /Ärzt*innen in sozialer Verantwortung

International Rescue Committee IRC Deutschland

Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland

JUMEN e.V. - Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland e.V.

Jugendliche ohne Grenzen e.V.

Kindernothilfe e.V.

KinderRechteForum (KRF)

#LeaveNoOneBehind

Lesben- und Schwulenverband (LSVD)

Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.

MISSION LIFELINE INTERNATIONAL e.V.

National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN – Kinderrechtskonvention

Neue Richtervereinigung (NRV) 

Plan International Deutschland e.V. 

REFUGIO Thüringen - Psychosoziales Zentrum für Geflüchtete und Überlebende von Folter

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV)

Save the Children Deutschland e.V.

SOS Kinderdorf e.V.

terre des hommes Deutschland

Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.

Wohnschiffprojekt Altona e.V.

Worldvision Deutschland e.V.

XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V.

Zentrum ÜBERLEBEN

Weitere Informationen und Rückfragen: Uwe Kamp, Pressesprecher

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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.

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