An eine Aktion des Kinder- und Jugendstadtrats erinnert sich Lyam (18) besonders gern zurück: den kostenlosen Kinoabend, den sie im Schlosskeller veranstaltet haben. „Früher sind wir nicht oft im Kino gewesen, weil man immer erst bis nach Dresden rausfahren musste“, erzählt er. „Und mittlerweile sind Kinokarten richtig teuer.“ Lyam lebt in Radeberg, einer Kleinstadt in Sachsen. Dort gibt es kein Kino und auch sonst nur wenig Angebote für Kinder und Jugendliche. Aber es gibt den Kinder- und Jugendstadtrat, der genau das ändern will – und in Kooperation mit der Stadt selbst Aktionen und Aktivitäten wie den Kinoabend organisiert. „Es ist schön, dass wir den Kindern etwas geben können, das sie richtig brauchen“, sagt Maggy, die sich mit Lyam schon seit vielen Jahren im Kinder- und Jugendstadtrat engagiert.
Zu einer Aktion kamen 400 Kinder
Im Kinder- und Jugendstadtrat treffen sich jeden Samstag rund 25 Kinder und Jugendliche, die aus den verschiedenen Radeberger Schulen stammen. Gemeinsam planen sie Aktionen und überlegen, was sie in ihrer Stadt gern verändern wollen. Und sie sind Ansprechpersonen für andere Kinder und Jugendliche – zum Beispiel für den Kinder- und Jugendclub. „Der ist schon etwas älter“, erzählt Maggy. „Die Kinder dort haben sich Sprühfarben gewünscht, damit sie ihn anders gestalten können. Dafür setzte sich der Kinder- und Jugendstadtrat ein und organisierte eine Graffiti-Aktion.
In der Vergangenheit gab es außerdem schon Aktionen zu Ostern und Halloween, Kinderschminken oder ein Grusel-Kabinett. Die Angebote sind beliebt und wichtig für die Kinder in Radeberg, wo es sonst an Infrastruktur für junge Menschen fehlt. Einmal, als sie ein Angebot für Kinder zu Fasching geplant haben, hätten sie mit 40 Kindern gerechnet, erzählt Lyam. Es kamen 400.
Alle sollen von den Angeboten wissen
Und trotzdem wissen noch lange nicht alle Kinder und Jugendlichen von den Angeboten. Das wollen Lyam, Maggy und ihre Mitstreiter*innen nun mit dem Projekt „Der Kinder und Jugendstadtrat möchte alle erreichen“ ändern. Dafür haben sie einen Antrag beim Kinderpolitikfonds des Deutschen Kinderhilfswerks gestellt und erhalten darüber eine Förderung. Unter anderem planen sie Kampagnen mit Postkarten, Plakaten und Social Media, um mehr Kinder zu erreichen. Aber auch eine Zukunftswerkstatt mit kreativen Methoden wie Lego-Modellen wollen sie ausprobieren.
Für Maggy ist es sehr wichtig, dass Kinder von den Angeboten in Radeberg wissen. „Früher war mir oft langweilig als Kind. Ich hatte wenig Hobbys und auch kaum Freunde. Ich bin sehr froh gewesen, dass ich den Kinder- und Jugendstadtrat entdeckt habe – das wünsche ich mir auch für andere Kinder.“
Aus der Jurybegründung:
„Dieses Projekt ist ein herausragendes Beispiel dafür, warum Kinder und Jugendliche bei der Gestaltung ihres Wohnorts unbedingt eingebunden werden müssen. In Zusammenarbeit mit der Stadt organisiert der Kinder- und Jugendstadtrat selbst Angebote, die Radeberg zu einem attraktiveren Ort für junge Menschen machen. Wir können gar nicht oft genug betonen, wie unterstützenswert diese Initiativen sind. Sie verdienen Förderung – und müssen diese auch von Seiten der Politik unbedingt erhalten. Auch andere Kommunen in Deutschland können sich ein Beispiel daran nehmen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.