Unser Stadtteil – ganz persönlich

Wie sah der Ort, an dem wir aufwachsen, früher aus? Und was verbinden wir damit? Mit diesen Fragen haben sich Kinder aus dem Frankfurter Stadtteil Fechenheim ein Jahr lang in einem Theaterprojekt beschäftigt. Was sie dabei gelernt haben – und was eine Zaubermuschel damit zu tun hat, haben sie uns erzählt. Unser Projekt des Monats.

Hinarbeiten auf die große Aufführung 

Wo gehen wir in unserem Stadtteil am liebsten hin? Für die Kinder aus Frankfurt Fechenheim ist die Antwort klar: An den Main natürlich! „Das ist unser Lieblingsort, von da haben wir Steine und Muscheln mitgebracht“, erzählt Paula. Die brauchen sie für die Aufführung, die in wenigen Monaten ansteht. Ein Jahr lang haben sich Paula und zehn weitere Kinder zwischen 9 und 10 Jahren für ein Theaterprojekt der Fechenheimer Philharmonie mit ihrem Stadtteil beschäftigt. Sie zogen mit Foto- und Videokameras los, besuchten verschiedene Orte und lernten andere Menschen aus Fechenheim kennen. „Einmal waren wir in einem Café und haben ältere Leute getroffen“, erzählt Mascha. Von ihnen wollten sie wissen, wie es früher in Fechenheim aussah. „Sie haben uns erzählt, wie es im Zweiten Weltkrieg war – und, dass die Leute früher in der Bahn Zeitung gelesen haben und nicht wie heute alle am Handy waren.“  

Lieblingsgegenstände und -orte

Die Kinder gingen auch an Orte, die in ihrem Alltag eine große Rolle spielen – zum Beispiel die Grundschule, die sie besuchen. „Die stand früher ganz woanders“, erzählt Samuel. Aus allen Informationen, die die Kinder gesammelt haben, aus Videos, Fotos und Tönen, erarbeiten sie gerade eine Aufführung im Theater. Der Name des Stücks: Fechenheimer Porträts. Darin soll es aber nicht nur um den Stadtteil gehen, sondern auch um seine jungen Bewohner*innen. Die Kinder bringen sich selbst ein mit ihren Ideen, ihrer Sicht auf die Dinge. Sie werden auf der Bühne zum Beispiel von ihren Lieblingsgegenständen und Lieblingsorten erzählen. „Ich hab einen Rap geschrieben“, erzählt Paula. Das war im Projekt ganz wichtig: eigene Ideen ausprobieren und in das Stück einbringen zu können.  

Für die Kinder sei diese Art, Theater zu machen erstmal ungewohnt gewesen, erzählt Projektleiter Angel Krastev. „Sie haben am Anfang immer gefragt: Wann bekommen wir endlich unseren Text? Wann spielen wir endlich richtig Theater?“ Aber darum gehe es nicht: „Man muss nichts Fremdes darstellen, damit es Theater wird. Und auch kleine Sachen, die einem vielleicht nicht wichtig vorkommen, können auf der Bühne ganz groß werden.“ Zum Beispiel die Geschichte über Miriams Zaubermuschel. „Da kann man Geheimnisse reinflüstern und die bewahrt sie für einen“, erzählt sie.   

Der Main hat viel zu erzählen 

Im Verlauf des Projekts brachten die Kinder immer mehr ihre Fantasie ein, sagt Projektleiterin Valerie von Klaß. “Ihre Sicht hat uns oft überrascht. Durch die Augen der Kinder haben wir ein ganz anderes und magisches Fechenheim entdeckt. Dort gibt es unsichtbare Gurken oder ein geheimnisvoller Ort wie der Main hat ganz viele spannende Geschichten zu erzählen.” Das Deutsche Kinderhilfswerk fördert das Projekt über seinen Fonds für Kinderkultur. Ziel des Fonds ist es, Kindern früh einen Zugang zu kultureller Bildung zu ermöglichen. 

Einmal in der Woche treffen sich die Kinder nach der Schule um zu proben und an ihrer Aufführung zu arbeiten. Das Stück erfährt bereits jetzt viel Aufmerksamkeit, sagt Valerie von Klaß. „Das, was die Kinder machen, interessiert viele Leute.“ Bei der Aufführung haben gerade die erwachsenen Bewohner*innen Fechenheims dann die Gelegenheit, die Sicht von Kindern auf ihren Stadtteil und ihre Geschichten kennenzulernen. „Die Kinder spüren, dass sie gesehen werden, das ist ganz wichtig.“  

Aus der Jurybegründung 

„Das Projekt ‘Fechenheimer Porträts’ zeigt eindrücklich, welche wichtige Rolle Kultur im Leben von Kindern und Jugendlichen spielen kann. Kulturelle Bildung unterstützt sie dabei, sich mit ihrer eigenen Identität auseinanderzusetzen und ihre Sichtweisen auszudrücken. Und sie ermöglicht einen Perspektivwechsel: Das Projekt lädt die erwachsenen Bewohner*innen Fechenheims dazu ein, die Sicht von Kindern auf ihren Stadtteil kennenzulernen. Wie wachsen sie dort auf? Welche Orte sind ihnen wichtig? Was wünschen sie sich? Sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, ist ein wichtiger Schritt für ein gutes Zusammenleben aller Generationen. Das Projekt ermöglicht dies auf eine sehr kreative und fantasievolle Weise”, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

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