Neue Vorgaben der Senatsverwaltung für Verkehr bedrohen die temporären Spielstraßen in der gesamten Stadt. Und das trotz eines anderslautenden Votums des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt stellt jetzt eine folgenschwere Bedingung für die temporären Spielstraßen: Die Bezirke sollen sie fortan nur noch genehmigen dürfen, wenn sie als Veranstaltung im Sinne eines Straßenfestes beantragt werden. Was zunächst wie eine Formalie klingt, ist in der Praxis nicht machbar. Temporäre Spielstraßen sind öffentlicher Raum und kein privates Straßenfest, sie finden meist regelmäßig vom Frühjahr bis zum Herbst statt – und nicht nur einmal jährlich. Deswegen hatte das Berliner Verwaltungsgericht die jetzt von der Senatsverwaltung vorgegebene Genehmigungsgrundlage bereits im Jahr 2015 als ungeeignet beurteilt. Für das Bündnis Temporäre Spielstraßen und die vielen ehrenamtlichen Spielstraßen-Teams in den Bezirken würden die neuen Bedingungen nicht mehr und nicht weniger als das Aus der temporären Spielstraßen bedeuten.
Gabi Jung vom Bündnis erläutert: „Ein Straßenfest zu beantragen, war schon immer möglich, wird aber von privaten Nachbarschaftsinitiativen nie gemacht, da Aufwand, Kosten und Verantwortung viel zu hoch sind. Eine wöchentliche Regelmäßigkeit ist damit erst recht nicht denkbar. Doch vor allem ist der Grundgedanke eben ein anderer: Während bei einer Veranstaltung die Straße privatisiert wird, ist sie bei einer temporären Spielstraße nach wie vor öffentlicher Raum, wie ein Park oder ein Spielplatz.“
Eine detaillierte Gegenüberstellung Veranstaltung / temporäre Spielstraße befindet sich unter http://download.spielstrassen.de/Veranstaltung_vs_tempSpielstr.pdf zum Download.
Das Bündnis Temporäre Spielstraßen hat Verkehrssenatorin Manja Schreiner und die zuständige Staatssekretärin Dr. Claudia Elif Stutz um ein klärendes Gespräch gebeten. Weil die Zeit drängt – denn die Spielstraßen-Saison beginnt im April, die ersten Genehmigungsanträge liegen jetzt vor – sollen zugleich die Berlinerinnen und Berliner über die bedrohliche Situation der preisgekrönten Initiative informiert werden.
Der Hintergrund
Die temporären Spielstraßen werden seit 2020 vom Land Berlin gefördert und mitgetragen. Es gibt inzwischen in acht Berliner Bezirken regelmäßige temporäre Spielstraßen.
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat die nötigen finanziellen Mittel für die temporären Spielstraßen auch in den Doppelhaushalt 2024/25 eingestellt – jeweils 150.000 Euro. Diese Gelder finanzieren die übergeordnete Organisation, die Verkehrszeichen, diverses Spielmaterial und Aktivitäten wie Schulungen. Die temporären Spielstraßen selbst werden hauptsächlich ehrenamtlich betrieben.
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg organisiert und begleitet berlinweit alle Spielstraßen-Initiativen und bewirtschaftet die Mittel. Seit 2022 gibt der von der Senatsverwaltung veröffentlichte „Leitfaden zur Einrichtung temporärer Spielstraßen in Berlin“ einen rechtlichen Rahmen. Die neuen Vorgaben erklären den eigenen Leitfaden für obsolet.
Das Konzept
Einen Nachmittag pro Woche die kleine Nebenstraße vor der eigenen Haustür zu einem Spiel-, Spaß- und Begegnungsort für die Nachbarschaft zu machen, mit Springseil, Roller, Klappstuhl und Kaffee - das ist die einfache Idee der temporären Spielstraßen, die seit 2019 auch in Berlin möglich ist.
Über 1.100 Spielstraßenaktionen (in 100 verschiedenen Straßenabschnitten) haben mittlerweile in ganz Berlin die Straßen in den Kiezen in friedliche und fröhliche Räume verwandelt. Jede einzelne Spielstraße macht die Stadt kinderfreundlicher. Dafür wurde das Konzept mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Nachbarschaftspreis, dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis und dem IPA Award (International Play Association).
Das Bündnis Temporäre Spielstraßen
Das Bündnis Temporäre Spielstraßen, das das Thema in Berlin angeschoben hat, ist ein Zusammenschluss mehrerer Verbände, u. a. des BUND Berlin (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland), des DaKS (Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden), des Deutschen Kinderhilfswerkes und des VCD Nordost (Verkehrsclub Deutschland). Es wurde im März 2019 mit dem Ziel gegründet, temporäre Spiel- und Nachbarschaftsstraßen als gängiges Instrument in Berlin zu etablieren.
Pressefoto zur freien Verfügung von Martina Özdemir zum Download: http://download.spielstrassen.de/pressefoto/Spielstrasse_Pressefoto_MartinaOezdemir.jpg
Weitere Informationen und Rückfragen:
Bündnis Temporäre Spielstraßen
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Uwe Kamp, Pressesprecher des Deutschen Kinderhilfswerkes
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.