medius 2009 in Berlin verliehen: Preis für Arbeit über suizidgefährdete Jugendliche im Internet

Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und das Deutsche Kinderhilfswerk haben am 20. Februar 2009 im Rahmen der Veranstaltungsreihe von FSF und FSM medien impuls zum zweiten Mal den medius vergeben. Der Preis würdigt wissenschaftliche und praxisorientierte Abschlussarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum, die sich mit innovativen Aspekten der Medien, Pädagogik oder des Jugendmedienschutzes auseinandersetzen.

Für ihre Diplomarbeit über "Suizidgefährdete Jugendliche im WorldWideWeb. Ursachen und Gründe für die Nutzung von Gesprächsforen" wurde Bianca Wolf mit dem 1. Preis ausgezeichnet. "Die Autorin umreißt verschiedene Faktoren für die Entstehung von suizidalem Verhalten und stellt Zusammenhänge mit der Nutzung des Internets und den dort zugänglichen Suizidforen her. Diese fachliche Diskussion führt Frau Wolf sehr differenziert und mehrdimensional", heißt es in der Begründung der Jury. Die Diplomandin an der Fachhochschule Koblenz konstatiert in ihrer Arbeit, dass Suizidforen ein niederschwelliges Gesprächsangebot darstellen, das in akuten Krisen hilfreich sein und Betroffene dabei unterstützen kann, ihr soziales Kapital wieder zu vergrößern. Die Jury stellte heraus, dass es die Verfasserin dennoch nicht versäumt habe, auch auf gefährdende Faktoren von Suizidforen aufmerksam zu machen. Wolf verweise vielmehr darauf, "dass die Übergänge zwischen Gefährdung und Hilfe häufig fließend sind." Damit habe die Autorin gezeigt, dass es auf komplexe Fragen keine einfachen Antworten gibt. Vor dem Hintergrund einer oft auf spektakuläre Einzelfälle fokussierten Berichterstattung in den Medien bewertete die Jury die Arbeit von Frau Wolf als wichtigen Beitrag für den öffentlichen und fachlichen Diskurs.

Den 2. Preis des medius 2009 erhielt Hermine Lisbeth Kohlweis für ihre Diplomarbeit "Ich sehe was, was du nicht siehst – Rezeptionsstudie zum Medienalltag hochgradig sehbehinderter Menschen". Die Arbeit wurde an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt eingereicht. Die Autorin, die aufgrund der schleichenden Erblindung ihrer Mutter einen persönlichen Bezug zur Problematik hat, beschreibt, wie sich die Medienwelt auf den Alltag Sehbehinderter auswirkt. Pragmatisch zählt Kohlweis auf, wie einfach es wäre, sehbeeinträchtigten Menschen den Zugang zur Welt zu erleichtern – durch die Beseitigung vieler kleiner Hindernisse. "Diese lange Liste praktischer Hilfen spricht für das uneingeschränkte Engagement der Autorin. Sie hat sich nicht als außen stehende Forscherin eingebracht, sondern steht sowohl zu ihrem persönlichen Interesse als auch zu ihrer Position als Forschende", heißt es in der Laudatio. Zugleich verweist die Jury auf die Relevanz der Diplomarbeit mit Blick auf die Zukunft. Es sei wichtig, "zu fragen, wie man Medien an den Alltag der Menschen anpassen könnte – eine Frage, die wir uns nicht nur wegen der Veränderung der Altersstruktur der Gesellschaft längst hätten stellen sollen."

Der 3. Preis des medius 2009 ging an Jana Lippert für ihre an der Hochschule Fulda eingereichte Bachelor-Arbeit "Existenz der Ästhetik – Die Konstruktion des weiblichen Clip-Körpers im Feld öffentlicher Diskurse". Lippert untersucht in ihrer Arbeit Videoclips und ihren Effekt auf die Konstituierung von Körperbildern vor dem Hintergrund von Foucaults Macht-Theorem. Sie weist nach, wie der von den Majors betriebene Mainstream-Musikmarkt via Videos die Körperbilder und die Arbeit am eigenen Körper hegemonial prägen kann. "Lippert bleibt aber nicht bei der differenzierten Analyse stehen, sondern geht auf Nutzungsmotivationen und Rezeptionsformen und letztlich auch auf die aktiven Rezipienten von Musikvideos ein", hebt die Jury in ihrer Begründung hervor. "Die Eindrücke aus den Videos können für Kinder und Jugendliche, für Mädchen und Jungen orientierende oder desorientierende Wirkung haben", heißt es weiter. "Da Schönheitsvorstellungen und Körperbilder Konstrukte heterogener Machtbeziehungen sind, ist es wichtig Bilder und visuelle Repräsentationen genau unter die Lupe zu nehmen und kreativ zu bearbeiten." Jana Lippert leiste mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag hierzu.

Eine lobende Erwähnung erhielt Anna Schmittgen für ihre Abschlussarbeit für das Lehramt an Grundschulen, in der sie sich den "Argumentationsstrategien von Kindern im Chat" widmet. Eingereicht wurde die Arbeit an der Bergischen Universität Wuppertal. Schmittgen untersucht am Beispiel des "tivi-treff", wie und zu welchen Themen sich Kinder in einem Internet-Chat schriftlich äußern. Die Autorin " öffnet den bislang begrenzten Blick der Erörterungsdidaktik auf die argumentativen Fähigkeiten von Grundschulkindern. Sie findet eine anregende Balance von theoretischer Einbindung und erläuternder Analyse von Fallbeispielen, die es auch dem Nichtspezialisten leicht macht, hinter die äußerliche Fassade des Chattens zu schauen und Muster des Argumentierens zu entdecken", heißt es in der Würdigung der Jury.

Zum medius 2010:
Ausgezeichnet werden Abschlussarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum, die sich mit innovativen Aspekten der Medien, Pädagogik oder des Jugendmedienschutzes auseinandersetzen. Im Vordergrund stehen die Kriterien: Interdisziplinarität (Impulse, die Medientheorie und Praxis mit anderen Disziplinen der Sozialpädagogik oder Schulpädagogik verknüpfen); Theorie-Praxis-Verbindung (Die sinnvolle Verbindung und kritische Reflexion von Medientheorie und -praxis, eine Beschäftigung mit der Lebenswelt von Kindern und deren Chancengleichheit ist hierbei im besonderen Maße erwünscht); Internationalisierung (Arbeiten, die über den Blick auf internationale Entwicklungen die Mediensituation in der Bundesrepublik reflektieren).
Arbeiten von Fachhochschulen und Hochschulen, die sich innovativ mit einem oder mehreren dieser Aspekte auseinandersetzen, können durch die betreuenden Dozentinnen oder Dozenten eingereicht werden. Die Arbeiten sollen 2008 oder 2009 angefertigt worden sein. Beigefügt sein müssen ein Gutachten sowie eine ein- bis zweiseitige Zusammenfassung der Arbeit. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert. Einsendeschluss ist der 30. September 2009.

Weitere Informationen:
Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF)
Hallesches Ufer 74–76 / 10963 Berlin
Tel.: 030 - 230 836-60
www.fsf.de
Mail: info(at)fsf.de

oder

Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW)
Leipziger Straße 116–118 / 10117 Berlin
Tel.: 030 - 30 86 93-25
www.dkhw.de
Mail: dkhw(at)dkhw.de

Weitere Informationen und Rückfragen: Uwe Kamp, Pressesprecher
Telefon: 030-308693-11
Mobil: 0160-6373155
Fax: 030-2795634
Mail: presse@dkhw.de
Internet: www.dkhw.de
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.

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