Kinderfreundliche Kommune Wolfsburg – Kinder kennen ihre Rechte, wünschen sich aber noch mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten

Drei Viertel der Kinder in Wolfsburg kennen ihre Rechte und sind mit ihrer Lebenssituation insgesamt zufrieden. Gleichzeitig wünschen sie sich aber noch mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten unter anderem bei den Freizeitangeboten in der Stadt. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Befragung unter 401 Kindern im Alter zwischen 10 und 12 Jahren. Auch wenn diese Umfrage nicht repräsentativ ist und bereits im Jahre 2013 durchgeführt wurde, gibt sie doch ein gutes Stimmungsbild, wie Kinder ihre Situation in Wolfsburg sehen. Die Umfrage wurde im Rahmen des Siegelverfahrens „Kinderfreundliche Kommune“ durchgeführt, einer gemeinsamen Initiative von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk. Wolfsburg hat als erste Großstadt in Deutschland das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ im November 2014 erhalten und wurde damit für den systematischen Einsatz der Stadt für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention – auch aufbauend auf den Ergebnissen der Kinderbefragung - ausgezeichnet.

„Die Ergebnisse der Befragung zeigen uns, was wir noch besser machen können. Partizipation von Kindern und Jugendlichen muss gelebt werden. Wir müssen sie zukünftig noch aktiver an unserer Gesellschaft beteiligen und stärker in städtische Prozesse einbeziehen“, betont Klaus Mohrs, Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg.

„Wolfsburg hat mit dem Kinder- und Jugendbüro sehr gute Voraussetzungen, um gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Maßnahmen des Aktionsplanes umzusetzen. Das ist dann eine aktive Beteiligung, die sich die Kinder auch gewünscht haben. Sehr genau sollten sich die Verantwortlichen die Rückmeldungen der Kinder zu den Freizeitmöglichkeiten anschauen und für die Bereiche, die die Kinder als verbesserungswürdig empfohlen haben, gemeinsam mit ihnen eine Lösung suchen. Das ist dann eine gelebte UN-Kinderrechtskonvention“, erklärt Dr. Heide-Rose Brückner, Geschäftsführerin des Vereins „Kinderfreundliche Kommunen e.V.“.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

Kinderrechte allgemein
74% der Kinder gaben an, bereits von den Kinderrechten gehört zu haben.  Auf die Frage, wie sie von den Kinderrechten erfahren haben, gaben die meisten Kinder (70%) an, in der Schule informiert worden zu sein. Für 42% war das ebenfalls Fernsehen eine Informationsquelle, 41% informierten sich bei ihren Eltern.
Um eine Reflektion zu den thematisierten Kinderrechten zu ermöglichen, wurde gefragt, welches Kinderrecht den Kindern am wichtigsten ist. 42% der befragten Kinder sprachen sich für „Dein Recht ohne Gewalt aufzuwachsen“ aus, 37% votierten für „Recht auf Spiel, Freizeit und Ruhe“. 16% der Kinder empfanden „Dein Recht gesund aufzuwachsen“ als wichtig und 6% der Kinder stimmten für das Recht auf Beteiligung und Mitbestimmung.

Recht ohne Gewalt aufzuwachsen
Für die Mehrheit der befragten Kinder ist das „Recht ohne Gewalt aufzuwachsen“ das wichtigste Kinderrecht. Daher wurde nach der Gewalterfahrung der Kinder gefragt. Nach eigenen Angaben wurden nur 48% der Kinder noch nie geschlagen. 43% gaben an, schon manchmal geschlagen worden zu sein und 9% schätzten, häufiger geschlagen zu werden. Insgesamt haben also über 52% aller Befragten bereits diese Gewalterfahrungen gemacht. Das betrifft vor allem Mädchen. Auf die Frage, von wem sie geschlagen werden, haben insgesamt 87% der befragten Kinder angegeben, von anderen Kindern, Mitschülern oder Mitschülerinnen geschlagen worden zu sein. Rund 23% gaben aber auch an, von Jugendlichen geschlagen zu werden und 13% werden von Erwachsenen geschlagen.
Kinder und Jugendliche erleiden neben der physischen Gewalt auch psychische Gewalt. Neben Gewaltprävention ist auch Mobbing an vielen Schulen ein Thema. So fühlten sich 32% der Kinder manchmal gemobbt, 8% der Befragten sogar häufig. 60% gaben an, noch nie gemobbt worden zu sein. Das Mobbing ging dabei vor allem von Mitschülerinnen und Mitschülern (81%) aus. Knapp 5% der befragten Kinder fühlen sich vom Lehrpersonal oder Erzieherinnen und Erziehern gemobbt.

Recht auf Spiel, Freizeit und Ruhe
Das Recht auf Spiel, Freizeit und Ruhe ist mit 37% das zweitwichtigste Kinderrecht für die befragten Kinder. Fast alle Kinder (89%) gaben an, dass sie am liebsten zu Hause sind, dort mit Freunden spielen (92%), ihren Hobbies nachgehen, Tiere pflegen oder im Garten sind. Öffentliche Angebote wie z.B. Schwimmbad, Bücherei etc. stehen bei 85% der Befragten ebenfalls hoch im Kurs. Hier geben allerdings fast 8% an, diese Angebote nicht in der Nähe vorzufinden. Kinder sind aber auch gerne draußen in der Landschaft: 79% gaben an, gern auf Wiesen, im Wald und auf Brachflächen zu spielen. Spiel- und Bolzplätze werden von 76% der Befragten gern aufgesucht. Auf die Frage „Wofür hättest Du gern mehr Zeit?“ nannten viele Kinder vorrangig, dass sie sich öfter oder länger mit Freundinnen und Freunden treffen möchten (76%), 63% wünschten sich mehr Zeit für ihre Hobbies oder ihren Sport. 51% möchten mehr Zeit, um etwas mit der Familie oder Verwandten zu unternehmen, oder sie wünschten mehr Zeit zum Entspannen oder Schlafen (50%). 44% war ebenfalls wichtig, mehr Zeit für sich selbst zu haben.

Recht auf Gesundheit
Mit 16% der Stimmen ist das „Recht auf Gesundheit“ für die Kinder ebenfalls eines der bedeutendsten Kinderrechte. Insgesamt fühlten sich über 70% der Befragten „sehr gut“ und „gut“, und nur knapp 9% „schlecht“ bzw. „sehr schlecht“. Mädchen gaben eine auffällig negativere Einschätzung ab: Fast 13% ging es nach eigenen Angaben in der letzten Zeit „schlecht“ oder sogar „sehr schlecht“.
Da Kinder und Jugendliche einen großen Teil ihrer Zeit in der Schule verbringen, dort Leistungen erbringen müssen und ein soziales Lernumfeld erleben, wurde nach der persönlichen Einschätzung in der Schule gefragt. Über 70% fühlen sich häufig in der Schule wohl, immerhin noch 25% zumindest manchmal. Gar nicht wohl fühlten sich nur 5%. Über 70% aller Jungen und Mädchen gaben denn auch an, in der Schule oft und viel zu lachen und Spaß zu haben.
Da Gesundheit immer auch mit ausreichender Bewegung einhergeht, wurde gefragt, ob und wie viel sich die Kinder bewegen und ob sie dafür gern mehr Zeit und weitere Angebote hätten. 76% der Befragten waren der Ansicht, dass sie viel Sport machen, nur 11% verneinten dies, 12% waren unschlüssig. Erheblich mehr Jungen (82%) gaben an viel Sport zu machen im Vergleich zu nur 70% der Mädchen. 91% insgesamt gaben an, sich gern zu bewegen. Wenn es mehr Angebote gäbe, würden 39% der Befragten mehr Sport machen, vor allem Jungen, 27% sind sich unschlüssig und 34% verneinen dies klar. Wenn die Kinder mehr Zeit hätten, würden immerhin 63% nach eigenen Angaben mehr Sport machen, 20% würden anders aktiv sein und 17% wissen es noch nicht.
Neben Bewegung und Sport ist eine gesunde Ernährung von großer Bedeutung für ein gesundes Aufwachsen. Positiv fällt auf, dass viele Kinder (71%) angaben, häufig Obst und Gemüse zu essen, ein knappes Drittel (28%) isst immerhin manchmal. Mädchen haben hier die Nase vorn: 75% essen Obst und Gemüse häufig, dagegen nur 66% der Jungen. Süßigkeiten stehen nur bei einem knappen Drittel der Befragten (28%) häufig auf dem Speiseplan, 69% gaben an, nur manchmal zu naschen, 3% verzichten sogar ganz auf Süßigkeiten.

Recht auf Beteiligung und Mitbestimmung in Familie, Schule und Stadt
Rund 58% der Kinder gaben an, dass sie in ihrer Familie häufig mitbestimmen dürfen, 41% manchmal. Die meisten Kinder dürfen bei der Auswahl von Schulsachen und Kleidung (87%) mitbestimmen, viele beim Essen (78%), bei der Schulwahl (73%) oder auch bei Freizeitaktivitäten (72%) und bei der Urlaubsplanung (66%).
In der Schule können viele der Befragten deutlich seltener mitbestimmen als in der Familie. Rund 82 % gaben an, manchmal mitbestimmen zu können. Nur 9% sind der Ansicht, sie können häufig mitbestimmen, ebenso viele sehen gar keine Mitbestimmungsmöglichkeiten im Schulalltag. Mitbestimmungsstandard ist die Wahl von Klassen- und Schulsprechern: 90% geben hier an, mitbestimmen zu können. Gute Mitbestimmungsmöglichkeiten sehen 49% der Befragten auch beim Schulessen. Rund ein Viertel gab an, bei den Schulregeln mitbestimmen zu können.
Die befragten Kinder in Wolfsburg sind insgesamt mit 57% überwiegend der Meinung, dass sie „gar nicht“ in ihrer Stadt mitbestimmen können. Nur 2% aller befragten Kinder gaben an, dass sie „häufig“ in ihrer Stadt mitbestimmen können.

Zufriedenheit
Zum Abschluss wurde gefragt, wie zufrieden die Kinder insgesamt mit ihrem Leben und ihren Rechten in ihrer Stadt sind. Auffällig ist, dass viele Kinder besonders mit der eigenen Wohnsituation und ihren Möglichkeiten, gesund zu leben zufrieden sind: Die Werte für „sehr zufrieden“ liegen bei 77% bzw. 81%. Auch die Spielmöglichkeiten werden als gut eingeschätzt: 72% votieren mit „sehr zufrieden“. Die Schulen in Wolfsburg erhalten eine recht gute Bewertung: 50% der Kinder sind sehr zufrieden mit ihrer Schule und 40% immerhin noch recht zufrieden. 40% sind auch mit dem Freizeitangebot in Wolfsburg sehr zufrieden, fast 55% finden es immerhin noch mittelmäßig, aber auch über 12% äußern sich eher unzufrieden. Am wenigsten zufrieden sind die Wolfsburger Kinder mit den Möglichkeiten, in der Stadt mitzubestimmen.  
Zudem äußerten die befragten Kinder vor allem Wünsche zur Verbesserung ihrer Spiel- und Freizeitangebote, zur Gewaltprävention in Familie, Schule und in der Stadt sowie zur Verbesserung der Situation armer oder benachteiligter Kinder. Auch Bolzplätze, Skateanlagen und Schwimmbäder rangierten in der Wunschliste weit oben. Die Begrünung der Spielplätze ist vielen Kindern wichtig, ebenso die Sauberkeit. Darüber hinaus hatten sie viele Ideen für ihren Schulalltag, die Verkehrssituation in der Stadt, zum lokalen Umweltschutz und zur Gesundheitsprävention.

 

Weitere Informationen und Rückfragen: Uwe Kamp, Pressesprecher
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.

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