Auf dem Tisch liegen mehrere bunt bedruckte Postkarten. Ben (14) greift sich eine Postkarte heraus und dreht sie um. „Hier ist ein achtjähriges Mädchen, das einen Bastelworkshop organisieren möchte“, sagt er. „Sie beantragt eine Förderung in Höhe von 180 Euro.“
Heute ist Bewerbungsschluss beim Kinder- und Jugendbudget der Gemeinde Nuthetal. Bei diesem Projekt können Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 21 Jahren ihre Ideen für Projekte einreichen und eine Förderung in Höhe von bis zu 500 Euro erhalten. Gestiftet wird die Förderung vom Deutschen Kinderhilfswerk, das das Projekt gemeinsam mit dem Brandeburger Jugendministerium über den gemeinsamen „Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Demokratie und Wahlen“ finanziert.
Die Gemeinde in der Nähe von Potsdam besteht aus sechs Ortsteilen. Rund 1.500 Kinder und Jugendliche leben dort. Um sie zu unterstützen und mehr Angebote für sie zu schaffen, gibt es nun schon seit sieben Jahren das Kinder- und Jugendbudget. Das Kinder- und Jugendparlament der Gemeinde verwaltet das Budget. Die zehn Kinder und Jugendlichen entscheiden, welches Projekt eine Förderung erhält.
Die Ideen sollen von den Kindern kommen
Um ihr Budget bekannt zu machen, gestalteten sie Postkarten und einen Flyer, den sie zum Beispiel in den Schaukästen in der Gemeinde aushingen. Außerdem gingen sie gemeinsam in Schulen, um ihr Projekt vorzustellen. Wer sich für eine Förderung bewerben wollte, konnte seine*ihre Idee auf eine Postkarte schreiben und beim Kinder- und Jugendparlament abgeben.
Die eingereichten Ideen sind sehr vielfältig: ein Graffitiworkshop, eine Sommerparty, eine Schatzsuche, Backkurse oder ein Projekt gegen Einsamkeit bei Kindern. Insgesamt kann das Kinder- und Jugendparlament bis zu zehn Projekte fördern. Vorab prüfen sie, ob die Ideen förderungswürdig sind.
Ein wichtiges Kriterium dabei: „Man soll spüren, dass das Projekt wirklich von den Kindern kommt“, sagt Kim (16), die seit drei Jahren Mitglied im Kinder- und Jugendparlament ist. Es sei schon vorgekommen, dass die Kinder professionelle Ausdrucke dabeihatten, die offensichtlich von den Eltern erstellt wurden. Das wollen die Jugendlichen verhindern. Denn das Kinder- und Jugendbudget soll Kinder und Jugendliche stärken und ihnen zeigen, dass sie alleine etwas umsetzen können. So erfahren sie Selbstwirksamkeit und lernen Selbstvertrauen.
„Ich finde es echt cool, wenn Kinder für andere etwas organisieren“, sagt Nico (15). Sein Lieblingsprojekt aus dem vergangenen Jahr: ein Junge, der einen Lasertag-Ausflug für Kinder aus der Gemeinde organisierte.
Wer übernimmt die Patenschaft?
Alle Kinder und Jugendlichen, die eine Idee einreichen, müssen diese bei der Jurysitzung vorstellen. Dann fragen die Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments auch mal kritisch nach: Was habt ihr ganz konkret vor? Ist die kalkulierte Summe realistisch? Kommt das Projekt auch anderen Kindern zugute?
In der Jury sitzen aber nicht nur Vertreter*innen des Kinder- und Jugendparlaments. Auch Schüler*innen der Grundschulen können mitmachen. „Viele Projekte richten sich an jüngere Kinder, deshalb war es uns wichtig, dass sie auch mitentscheiden können“, sagt Leander (17).
Alle Kinder und Jugendlichen, deren Projekt gefördert wird, bekommen eine offizielle Urkunde als Anerkennung. Außerdem übernehmen die Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments Patenschaften für die Projekte. Sie helfen dann zum Beispiel bei organisatorischen Fragen und unterstützen bei Problemen. Bis Dezember haben die Kinder und Jugendlichen dann Zeit, um ihre Projekte umzusetzen. Aber erstmal steht noch die große Jurysitzung an.
„Kinder und Jugendlichen wollen sich in die Gesellschaft einbringen. Mit einem eigenen Budget können sie dabei unkompliziert eigene Ideen umsetzen und sich so ehrenamtlich in der Gestaltung ihres Lebensumfeldes engagieren. Das Kinder- und Jugendbudget der Gemeinde Nuthetal ist dafür ein besonders gelungenes Beispiel. Kinder und Jugendliche können eigene Projektideen einreichen, eine breit aufgestellte Kinder- und Jugendjury wählt schließlich besonders gelungene Ideen aus, deren Realisierung durch das Kinder- und Jugendbudget ermöglicht wird. Begleitet werden die jungen Menschen dabei vom Jugendparlament Nuthetal und der Jugendkoordinatorin. Über die durchgeführten Projekte berichten die Kinder und Jugendlichen an das Jugendparlament und die Öffentlichkeit in der Gemeinde. So lernen auch die Erwachsenen, mit welche großem Engagement sich schon junge Menschen zivilgesellschaftlich einbringen.“
- aus der Jurybegründung