Auf der Fachtagung „Spielen ist Kinderrecht – Strategien für die Zukunft der Gesellschaft“, die das Deutsche Kinderhilfswerk in Kooperation mit dem Bündnis Recht auf Spiel, der deutschen Sektion der International Play Association und der National Coalition Deutschland – Netzwerk für die Umsetzung der UN-Kinderechtskonvention heute in Berlin durchführt, entwickeln über 100 Fachleute Vorschläge, wie dem Recht auf Spiel in Deutschland besser entsprochen werden kann. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes veröffentlichte im April 2013 seine Allgemeine Bemerkung Nr. 17, den General Comment No. 17 zu Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention und brachte damit zum Ausdruck, dass die Mitgliedsstaaten bei diesem Thema zunehmend mit Schwierigkeiten und Herausforderungen konfrontiert sind.
„Um die Bedingungen für das Spiel von Kindern und ihr Recht auf Freizeit zu verbessern, brauchen wir dringend einen gezielten Aktionsplan in Deutschland“, fordert Prof. Lothar Krappmann, ehemaliges Mitglied des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes. „Die Lebensbedingungen der Kinder haben sich dramatisch verändert, was weitreichende Folgen für die Lebensqualität und die Entwicklungschancen von Kindern hat. Der UN-Ausschuss beklagt in seinem Kommentar zum Recht der Kinder auf Spiel und aktive Freizeit, dass Kindern Freiräume und freie Zeit zum nicht reglementierten Spiel fehlen, und drängt auf Abhilfe.“
„Um den Anforderungen der Vereinten Nationen gerecht zu werden, brauchen wir einen tiefgreifenden Wandel in den Bedingungen für das Aufwachsen von Kindern. Wir müssen Schulen zu Aktionsräumen von Kindern und Jugendlichen weiterentwickeln, in denen sie sich ausprobieren und Erfahrungen machen können“, erläutert Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Bildungs- und Betreuungseinrichtungen müssen an Kinderbedürfnissen orientierte Räume für Spiel und Erholung werden. Wir brauchen Fördermittel und Modellprojekte zur naturnahen Gestaltung von Gebäuden und Geländen. Wir engen unsere Kinder immer mehr ein und muten ihnen einen Terminstress zu, bei dem viele Erwachsene rebellieren würden. Dadurch bleibt zum Spielen kaum noch Zeit. Hier müssen wir die Notbremse ziehen, damit Kinder noch Kinder sein können. Spielen macht Spaß, gleichzeitig lernen Kinder durchs Spielen die Welt um sie herum kennen und entwickeln dabei ganz nebenbei wichtige motorische, kognitive und soziale Fähigkeiten.“
„Besonders besorgt sind wir über die schwindenden außerschulischen Erfahrungsräume. Egal ob in Jugendzentren, Verbänden, Zirkusprojekten, Zeltlagern, auf dem Abenteuerspielplatz, auf der Straße, an Szenetreffpunkten oder im Spielmobil: Überall wird wertvolle pädagogische Arbeit geleistet, die es unbedingt zu erhalten gilt“, macht Claudia Kittel, Sprecherin der National Coalition Deutschland, deutlich. „Kinder- und Jugendliche brauchen offene, freie Räume zur Entfaltung eigenständigen Engagements, um eine aktive partizipationsorientierte Rolle in der Gesellschaft zu entwickeln. Das Recht auf Spiel ist auf Landes- und Kommunalebene zu verankern“, so Kittel weiter, „um so bessere finanzielle und gesellschaftliche Voraussetzungen für das freie Spiel für alle Kinder zu schaffen. Die National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland kann hier als Kooperationspartner mit bundesweitem Netzwerk die notwendige Expertise einbringen und politische Strategien und Zugänge schaffen.“
Zum Hintergrund:
Der Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention, „Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben“ regelt die Anerkennung und staatliche Förderung der kulturellen und künstlerischen Freizeitansprüche von Kindern und Jugendlichen. Die Kernelemente des Artikels 31 „freies Spiel“, „freie Zeit“, „aktive Erholung“, „altersgemäße Förderung“, „Freizeitaktivitäten“, „kulturelle und künstlerische Beteiligung“ und „freie gesellschaftliche Teilhabe“ erfassen die Grundzüge der demokratischen Freiheitsrechte des Kindes.
Eine bundesweite Online-Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes zum Weltspieltag 2014, an der sich rund 2.000 Kinder und Jugendliche beteiligt haben, stellte fest, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland in ihren Spielmöglichkeiten sehr stark eingeschränkt werden. Rund 75 Prozent der Kinder und Jugendlichen gaben an, dass es Orte gibt, an denen sie nicht spielen dürfen, weil die Eltern verbieten, dort alleine hinzugehen. Gleichzeitig stufen rund zwei Drittel die nähere Umgebung der Wohnung als zumindest etwas gefährlich ein. Außerdem ist die Umgebung ihrer Wohnung für viele Kinder wenig anregend. Rund ein Viertel empfinden diese als langweilig oder gaben an, gar nichts machen zu können.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.