Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine bessere Umsetzung der Kinderrechte in Gerichtsverfahren. Zahlreiche Studien zeigen auf, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren vielerorts in Deutschland weder den internationalen, menschenrechtlichen Anforderungen noch den Vorgaben des Europarates zu kindgerechter Justiz entspricht. Das Deutsche Kinderhilfswerk und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veranstalten daher heute in Berlin die Fachtagung „Kindgerechte Justiz – Zugang zum Recht für Kinder“. Auf der Fachtagung soll diskutiert werden, wie Kinder in behördlichen und gerichtlichen Verfahren im Gesamten besser begleitet werden können. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, welche Barrieren und Belastungen es im deutschen Justiz- und Verwaltungssystem gibt und wie europäische und internationale Vorgaben zur Wahrung ihrer Rechte umgesetzt werden können. Erwartet werden rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Justiz und Verwaltung, nationalen und internationalen Organisationen sowie aus der Wissenschaft.
„Wir brauchen in Deutschland eine Stärkung der Kinderrechte auf vielen Ebenen. Dazu gehört auch das Justizsystem als elementare Voraussetzung für die Umsetzung aller Kinderrechte. Jedes Jahr kommen Tausende von Kindern in Deutschland mit dem Justiz- und Verwaltungssystem in Berührung. Sie sind beispielsweise Beteiligte in familienrechtlichen Verfahren bei einer Scheidung der Eltern, Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen Verfahren oder Betroffene in Asylverfahren. Laut Umfragen wünschen sich Kinder besser gehört, informiert und mit Respekt behandelt zu werden. Das müssen wir ernst nehmen und umsetzen, um Kindern den Zugang zum Recht zu garantieren“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Frau Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, eröffnete die Fachtagung mit einem Grußwort. „Kinder müssen ebenso Zugang zum Recht haben wie jeder andere Mensch auch. Aber Kinder haben andere Bedürfnisse als Erwachsene, darauf müssen sich Justiz und Verwaltung einstellen. Ich halte es für notwendig, dass die Verfahren kindgerechter gestaltet werden, damit Kinder zu ihrem Recht kommen. Das ergibt sich auch aus der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen“, betonte sie. Darüber hinaus unterstrich Juliane Seifert die Notwendigkeit der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz: „Auch in Deutschland gibt es noch Defizite bei der Umsetzung der Kinderrechte. Deswegen ist es wichtig, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern.“
Bei der Fachtagung werden in Arbeitsgruppen zu sechs Themenschwerpunkten Empfehlungen an unterschiedliche Akteure herausgearbeitet. Zentrale Themen hierbei werden die Umsetzung des Kindeswohlvorrangs gemäß Artikel 3 sowie die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen nach Artikel 12 UN-Kinderrechtskonvention sein.
So wird die Institution des Verfahrensbeistandes und der psychosozialen Prozessbegleitung besonders in den Blick genommen. Besonders eingegangen wird zudem auf die Rechte von Kindern in familiengerichtlichen Verfahren. Hier steht vor allem die Ausgestaltung der Anhörung von Kindern bei Fragen des Umgangs- und des Sorgerechts im Mittelpunkt. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Kinderrechte in Verfahren des öffentlichen Rechts und im Verwaltungshandeln, zum Beispiel bei der Stadtplanung, in der Bildung oder der Jugendarbeit. Und auch die Anforderungen an ein kindgerechtes Verfahren im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts, insbesondere für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden erörtert. Außerdem befasst sich die Fachtagung mit der Situation von Kindern und Jugendlichen als Opferzeuginnen und -zeugen in strafrechtlichen Verfahren. Schließlich gibt es auch einen Überblick über Kinderrechte in der Justiz auf internationaler Ebene.
Weitere Informationen zur Fachkonferenz „Kindgerechte Justiz – Zugang zum Recht für Kinder“ finden sich unter https://www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/fachtag-kindgerechte-justiz .
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 45 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.