Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht erheblichen Nachholbedarf bei der Bekanntmachung der Kinderrechte in Hessen. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation machen die heute veröffentlichten Ergebnisse des hessischen Kinder- und Jugendrechte-Monitorings deutlich, dass mehr als 30 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland die Kenntnis über die Kinderrechte leider noch lange keine Selbstverständlichkeit ist. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund besorgniserregend, dass Kinder und Jugendliche ihre Rechte kennen und verstehen müssen, um diese einfordern und durchsetzen zu können. Zudem zeigt die geringe Bekanntheit der Kinderrechte unter Erwachsenen sowie in Politik, Verwaltung und Justiz den dringenden Handlungsbedarf in diesem Themenfeld.
Gleichzeitig gibt es in Hessen insbesondere seit der Verankerung der Kinderrechte in der Landesverfassung im Jahr 2018 positive Entwicklungen. So ist es zu begrüßen, dass die aktuelle hessische Landesregierung durch Maßnahmen wie der Einrichtung einer Landesbeauftragten für Kinder- und Jugendrechte und durch das Kinder- und Jugendrechte-Monitoring auf einem guten Weg ist, die Situation zu verbessern. Diese Bemühungen um die Kinderrechte sollten durch weitere Maßnahmen verstärkt und nachhaltig etabliert werden.
"Wir brauchen in Hessen wie in anderen Bundesländern auch eine umfassende und anhaltende Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte, die Kinder wie Erwachsene erreicht. Für den Bildungsbereich gilt es, Kinderrechtebildung mehr als bisher in die Lehrpläne der Schulen bzw. Erziehungs- und Bildungspläne der Kitas verbindlich aufzunehmen. Gleichzeitig müssen methodische Ansätze für eine beteiligungs- und praxisorientierte Kinderrechtebildung gefördert und nachhaltig im Alltag von Bildungsinstitutionen verankert werden. Darüber hinaus wird deutlich, dass insbesondere auch jüngere Kinder sowie Kinder und Jugendliche im ländlichen Raum bei der Kinderrechtebildung stärker in den Fokus genommen werden sollten", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
"Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollte flächendeckend bereits in der Kita mit geeigneten methodischen Ansätzen im Rahmen eines frühkindlichen Bildungskonzeptes angesetzt und dabei das Wissen über Kinderrechte altersgerecht und lebensnah vermittelt werden. Nicht zuletzt werden damit auch die Grundlagen demokratischer Kompetenzen gelegt. Ziel einer Bildungsoffensive muss eine kontinuierliche Kinderrechtebildung über alle Bildungseinrichtungen und -typen hinweg sein. Dies gilt insbesondere auch für Kinder und Jugendliche aus armen Familien. Gerade Kindern, die es aufgrund des gegliederten Schulsystems ohnehin häufig schwieriger haben, im Berufsleben anzukommen und sich in die Gesellschaft zu integrieren, sollte die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, ihre Rechte einfordern zu können. Dabei gilt, neben der Vermittlung von Wissen über die Kinderrechte, dass sich die Schulen in ihren Strukturen stärker für das Thema Kinderrechte öffnen und die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in ihren Gremien forcieren, um somit Kinderrechte direkt erlebbar zu machen", so Hofmann weiter.
"Um die Bekanntheit der Kinderrechte insbesondere in den Verwaltungen und in der Justiz zu befördern, sollten mehr Kommunen als bisher am Programm ,Kinderfreundliche Kommunen' teilnehmen. Bisher sind sieben hessische Städte und Gemeinden dabei, da ist noch Luft nach oben", sagt Holger Hofmann. Mit dem Siegel "Kinderfreundliche Kommune" würdigt der Verein Kinderfreundliche Kommunen e.V. die Verabschiedung eines Aktionsplans, der die kommunale Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention zum Ziel hat. Mit dem Erhalt des Siegels bekennen sich Städte und Gemeinden dazu, die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken und stellt sich zugleich einem regelmäßigen Prüfverfahren. Das Siegel vergibt der von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk getragene Verein Kinderfreundliche Kommunen e.V. Es ist Ausdruck einer Selbstverpflichtung der Stadt zu mehr Kinderfreundlichkeit und Ansporn, die festgesteckten Ziele innerhalb von drei Jahren umzusetzen.
"Die Handlungsbedarfe bei der Bekanntheit der Kinderrechte werden durch das Monitoring des Deutschen Instituts für Menschenrechte erneut deutlich. Viel zu häufig verhindert die Nichtexistenz verlässlicher Datengrundlagen zur Umsetzung von Kinderrechten die erfolgreiche Planung und Bewertung von politischen Maßnahmen, Programmen und Projekten für Kinder. Dies hat auch der Kinderrechte-Index des Deutschen-Kinderhilfswerkes im Jahr 2019 gezeigt. Dabei erfordert die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention die systematische Sammlung und Auswertung von Daten. Das von der Landesregierung geförderte Kinder- und Jugendrechte-Monitoring sollte daher fortgesetzt und auf weitere Kinderrechte erweitert werden", unterstreicht Holger Hofmann.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.