Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert im Vorfeld der morgigen Ministerpräsidentenkonferenz und der Kultusministerkonferenz die Bundesregierung und die Bundesländer auf, Flüchtlingskinder in Deutschland durch gesetzliche Maßnahmen besser zu fördern und zu schützen. „Seit vielen Monaten wird umfassend über Integrations- und Schutzkonzepte für Flüchtlingskinder diskutiert. Deutliche Fortschritte sind aber an vielen Stellen nicht zu erkennen. Auch die Jugend- und Familienministerkonferenz hat in der vorletzten Woche nur eine Vielzahl unverbindlicher Absichtserklärungen verabschiedet. Das ist angesichts der vielfältigen Herausforderungen schlicht zu wenig. Wir brauchen keine weiteren Prüfaufträge, sondern endlich gesetzliche Bestimmungen zum Wohle der Flüchtlingskinder, die von den Verwaltungen dementsprechend umgesetzt werden. Dazu gehört auch ein Integrationsgesetz, das seinen Namen verdient und die Integration insbesondere von Flüchtlingskindern und ihren Familien sowie ihre Teilhabe und Partizipation an unserer Gesellschaft sicherstellt. Dazu gehört die Schulpflicht für alle Flüchtlingskinder von Anfang an, und zwar unabhängig von der Bleibeperspektive. Zudem brauchen geflüchtete Kinder und ihre Familien Zugang zu Kindertageseinrichtungen und damit zu frühkindlichen Bildungs- und Integrationsangeboten. Die vom Bund bereit gestellten Mittel für den Kita-Ausbau müssen vor diesem Hintergrund von den Bundesländern schleunigst abgerufen und der Ausbau vorangetrieben werden. Längst überfällig ist darüber hinaus eine bundesgesetzliche Verankerung von Maßnahmen für einen besseren Schutz von Flüchtlingskindern in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften sowie ihrer Beteiligung bei der Erstellung von Schutzkonzepten und kindgerechten Beschwerdewegen. Und dazu gehört die unbedingte Beibehaltung der Standards in der Kinder- und Jugendhilfe bei der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten Flüchtlingskindern“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes wird das geplante Integrationsgesetz seinem Namen an vielen Stellen nicht gerecht. Durch seine negative Grundtendenz, die geflüchtete Menschen in „gute Flüchtlinge“ mit Bleibeperspektive und „schlechte Flüchtlinge“ ohne Bleibeperspektive unterteilt, wird das Gesetz demgegenüber dazu beitragen, die bisher noch immer große Willkommens- und Aufnahmebereitschaft der einheimischen Bevölkerung negativ zu beeinflussen. Ein die Integration beförderndes Gesetz sollte die Bildungsintegration als Schlüsselfaktor für die gleichberechtige Teilhabe von Flüchtlingskindern anerkennen. Schulbildung ist nicht nur ein elementares Kinderrecht, auch stellt Bildung den wichtigsten Baustein für Entwicklungsgerechtigkeit von Kindern mit unterschiedlichen Startbedingungen dar.
In Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften müssen Maßnahmen für einen wirksamen Kinderschutz bundesgesetzlich abgesichert und die entsprechende EU-Aufnahmerichtlinie endlich umgesetzt werden. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollten betreute Schutzräume für Kinder und geschlechtergetrennte Sanitäranlagen, unter Beteiligung der Kinder entwickelte Maßnahmen zum Schutz gegen sexuelle Übergriffe und Grenzverletzungen, kindgerechte Beschwerdewege, Ansprechpersonen und Notfallpläne für Verdachtsfälle sowie die Pflicht zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für das Personal in Aufnahmeeinrichtungen Standard werden. Dabei brauchen wir Schutzkonzepte, die sowohl das Personal in den Gemeinschaftsunterkünften als auch Bewohnerinnen und Bewohner in den Blick nehmen, und die darüber hinaus auch auf Betreuende sowie Patinnen und Paten abzielen, die beispielsweise im schulischen Bereich unterstützen oder Freizeitaktivitäten anbieten.
Bei der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten Flüchtlingskindern müssen die Kinder- und Jugendhilfestandards für alle Kinder in Deutschland gleichermaßen gelten. Hier dürfen keine Kostensenkungen auf dem Rücken der Flüchtlingskinder durchgesetzt werden. Unbegleitete Flüchtlingskinder stellen eine der schutzbedürftigsten Personengruppen überhaupt dar und haben ganz besondere Förder- und Unterstützungsbedarfe. Eine dem Kindeswohl entsprechende, bedarfsgerechte Versorgung und Betreuung wird durch die individuellen Hilfen im Rahmen der derzeit gesetzlich verbürgten Standards im Kinder- und Jugendhilfegesetz ermöglicht. Daran darf aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes nicht gerüttelt werden.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.