Deutsches Kinderhilfswerk: Integrationsgesetz verdient bisher seinen Namen nicht

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert im Vorfeld der morgen beginnenden Klausurtagung des Bundeskabinetts in Meseberg deutliche Verbesserungen am Referentenentwurf zum Integrationsgesetz. Aus Sicht des Verbandes fehlen im Entwurf Regelungen und Maßnahmen, die die Integration insbesondere von Flüchtlingskindern und ihren Familien sowie ihre Teilhabe und Partizipation an unserer Gesellschaft sicherstellen. Der Entwurf legt seinen Schwerpunkt zu sehr auf Restriktionen und Einschränkungen, beispielsweise beim Familiennachzug und bei Sozialleistungen. Damit werden einige begrüßenswerte Ansätze und Vorschläge im Gesetzentwurf, die zu einer Erleichterung der Integration von Flüchtlingen in Deutschland führen könnten, konterkariert.

„Der Referentenentwurf zum Integrationsgesetz ist insgesamt ein integrationspolitisches Trauerspiel. Der von Verschärfungen und Sanktionsmöglichkeiten dominierte Entwurf wird die Integration der Flüchtlinge nicht ausreichend befördern. Er wird durch seine negative Grundtendenz, die geflüchtete Menschen in ‚gute Flüchtlinge‘ mit Bleibeperspektive und ‚schlechte Flüchtlinge‘ ohne Bleibeperspektive unterteilt, dazu beitragen, die bisher noch immer große Willkommens- und Aufnahmebereitschaft der einheimischen Bevölkerung negativ zu beeinflussen. Dadurch wird auch die Arbeit der vielen Hunderttausend Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit unterminiert. Insbesondere Kinder sind Leidtragende dieser Diskriminierung, da ihnen der ökonomisch weitsichtige und kinderrechtlich gebotene Zugang zu Integrationsprogrammen beispielsweise in Kita und Schule erschwert wird“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Flüchtlingskinder brauchen eine klare Zukunftsperspektive in Deutschland. Um allen hier ankommenden Kindern die gleichen Bildungs- und Teilhabechancen wie einheimischen Kindern zu ermöglichen, braucht es ein umfassendes Integrationskonzept, das die einschlägigen Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention, der Europäischen Grundrechtecharta und des Kinder- und Jugendhilfegesetzes berücksichtigt. Diese normieren eindeutig die Vorrangstellung des Kindeswohls bei allen Entscheidungen von Staat und Gesellschaft sowie das Recht der Kinder auf Förderung, Schutz und Beteiligung. Wir sollten die Flüchtlingskinder als dauerhafte Einwanderer und ihren Zuzug als Gewinn für unsere Gesellschaft begreifen. Diese Perspektive fehlt im Referentenentwurf zum Integrationsgesetz eindeutig“, so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert zudem, dass bestehende Beschränkungen und Hindernisse beim Familiennachzug, die insbesondere durch das Asylpaket II eingeführt wurden, weiterbestehen sollen. Außerdem würden die vorgesehenen Verschärfungen bei der Aufenthaltsverfestigung für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge eine erfolgreiche Integration erschweren. Von diesen Verschärfungen wären auch Flüchtlingskinder betroffen, für die es bisher im Aufenthaltsgesetz eine Privilegierung bei der Niederlassungserlaubnis gibt. Außerdem würden unter den vorgesehenen Möglichkeiten der Anspruchseinschränkungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes Kinder besonders leiden.

Ein die Integration beförderndes Gesetz sollte demgegenüber die Bildungsintegration als Schlüsselfaktor für die gleichberechtige Teilhabe von Flüchtlingskindern anerkennen. Schulbildung ist nicht nur ein elementares Kinderrecht, auch stellt Bildung den wichtigsten Baustein für Entwicklungsgerechtigkeit von Kindern mit unterschiedlichen Startbedingungen dar. Die Durchsetzung des Schulbesuches von Anfang an – und das unabhängig von der Bleibeperspektive – ist zentral. Bund und Länder sollten bei diesem Thema eng kooperieren, um zu einheitlichen Regelungen in den Bundesländern zu kommen. Sowohl Schulen als auch außerschulische Bildungsformate müssen zudem qualifizierte und ausreichend finanzierte Angebote an Flüchtlingskinder machen. Dafür braucht es genügend Mittel für Sprachförderung für Kinder sowie Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer, etwa in Deutsch als Fremdsprache. Daneben müssen kultursensible Teilhabemöglichkeiten für die ganze Familie geschaffen werden. Familie muss als entscheidender Faktor für eine gelingende Integration begriffen und ihre Einheit gesichert werden. Entsprechend sollten gezielte Integrationsangebote für Familien gefördert bzw. ausgebaut werden. Darüber hinaus bedeutet Integration auf Augenhöhe immer auch die Menschen zu beteiligen. Dies gilt für Erwachsene wie Kinder gleichermaßen. Dies beginnt bei der Mitbestimmung über Schutzkonzepte in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften, schließt die freie Wahl des Wohnortes ein und geht bis hin zu einer nachhaltig ausgerichteten Demokratiebildung in Schule und Kita, um Kindern und Jugendlichen das Wissen um unsere demokratische Gesellschaft zu vermitteln und Möglichkeiten für demokratisches Engagement erlebbar zu machen.

 

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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.

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