Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die morgen in Kraft tretenden Erhöhungen des Kindergeldes und des Kinderzuschlags, kritisiert aber zugleich, dass ein Großteil der dafür aufgewendeten Finanzmittel nicht zu einer spürbaren Reduzierung der Kinderarmut in Deutschland beitragen wird. „Es ist gut, dass für die Familienförderung in Deutschland Geld in die Hand genommen wird, aber es muss an den maßgeblichen Stellen eingesetzt werden. Die Erhöhung des Kindergeldes ist gerade für Eltern mit niedrigem Einkommen wichtig, ebenso der Ausbau des Kinderzuschlags. Es ist aber problematisch, dass die besonders bedürftigen Kinder im Hartz-IV-Bezug komplett leer ausgehen, da das Kindergeld voll auf den Regelsatz angerechnet wird, und Familien mit hohem Einkommen von der Erhöhung des seit Jahresbeginn erhöhten Kinderfreibetrages überproportional profitieren. Zugleich sind wir immer noch keinen Schritt weiter bei der Frage der automatischen Auszahlung des Kinderzuschlags an alle Berechtigten, um Familien und Kinder in verdeckter Armut besser zu erreichen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollte sich die Familienförderung in Deutschland stärker am Ziel der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland ausrichten. „Dieses Ziel bleibt aber teilweise auf der Strecke. Viele Menschen verzweifeln an der Undurchsichtigkeit des Systems und beantragen ihnen zustehende Leistungen nicht. Der Kinderzuschlag bleibt trotz Vereinfachungen weiter so kompliziert, dass selbst die Bundesregierung davon ausgeht, dass auch zukünftig nur ein gutes Drittel der Berechtigten den Kinderzuschlag tatsächlich in Anspruch nehmen wird. Zugleich werden sinnvolle Verbesserungen bei Einkommensanrechnungen und Einkommenshöchstgrenzen aufs nächste Jahr verschoben. Eine konsequente Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland sieht anders aus“, so Krüger weiter.
Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes hat die Armut in Deutschland zunehmend ein Kindergesicht. So ist der prozentuale Anteil der Kinder und Jugendlichen in Hartz-IV-Haushalten in den letzten Jahren stetig angestiegen. Der Anteil der unter 18-jährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften hat sich auf jetzt 33,4 Prozent erhöht. Vor fünf Jahren hatte dieser Wert noch bei 31,3 Prozent gelegen. Mittlerweile ist jeder dritte Hartz-IV-Empfänger ein Kind, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt. Damit sind Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in besonderem Maße von Armut betroffen.
Kinderarmut wirkt sich in vielen Bereichen des Alltags aus, dementsprechend plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk für eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut mit aufeinander abgestimmten Infrastruktur- und Geldleistungselementen, die interdisziplinär an verschiedensten Stellen ansetzt. Langfristig tritt das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung in Höhe von 628 Euro nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 45 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.