Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert den weiteren Bedeutungsverlust der Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland. Die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass der Anteil der Aufwendungen für die Kinder- und Jugendarbeit an den Gesamtausgaben der Kinder- und Jugendhilfe mit 3,93 Prozent den niedrigsten Wert seit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes erreicht hat. „Damit ist der Anteil der Aufwendungen für die Kinder- und Jugendarbeit an den Gesamtausgaben der Kinder- und Jugendhilfe erstmals unter vier Prozent gefallen. In den letzten Jahren mussten mehrere tausend Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, beispielsweise Jugendklubs, Abenteuerspielplätze, Mädchentreffs und Spielmobile, ihre Arbeit aufgrund finanzieller Probleme einstellen, die Zahl der Vollzeitstellen in diesem Bereich ist geradezu dramatisch zurückgegangen. Gleichzeitig hat die Kinder- und Jugendarbeit heute mehr Arbeit als früher, weil sie beispielsweise vermehrt Angebote in Schulen am Vormittag abdecken und mehr Kinder und Jugendliche Bedarf zum Beispiel an psycho-sozialer Unterstützung haben“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Dem Ausgabenanstieg für die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt um knapp 3,4 Milliarden Euro (rund 7,5 Prozent) steht für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit nur ein leichter Anstieg der Ausgaben um rund 64,3 Millionen Euro (rund 3,5 Prozent) entgegen. „Natürlich begrüßen wir den kräftigen Zuwachs der Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt. Dieser ist vor allem auf die gestiegenen Ausgaben für die Kindertagesbetreuung zurückzuführen. Gleichzeitig wird aber die Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland zunehmend an die Wand gefahren“, so Hofmann weiter.
„Das ist insbesondere angesichts der Tatsache, dass jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen ist, ein riesiges Problem. Denn diese Kinder leiden aufgrund ihrer oftmals erhöhten Förderbedarfe besonders unter einer schlechten finanziellen Ausstattung der Kinder- und Jugendarbeit. Armut stellt für Kinder ein enormes Entwicklungsrisiko dar. Deshalb ist es erforderlich, dass alle Beteiligten der Kinder- und Jugendarbeit eine besondere Empathie für diese Kinder und Jugendlichen entwickeln. Das ist jedoch nur möglich, wenn entsprechende Personal- und Ausstattungsressourcen vorhanden sind – in Jugendzentren, Zirkusprojekten, Zeltlagern und Verbänden ebenso wie auf dem Abenteuerspielplatz, auf der Straße, an Szenetreffpunkten oder im Spielmobil“, so Hofmann.
Kinder- und Jugendarbeit ist in Zeiten knapper Kassen grundsätzlich erheblichem finanziellen Druck ausgesetzt. Deshalb hat der Gesetzgeber im Kinder- und Jugendhilfegesetz (§ 11) festgelegt, dass sie eine Pflichtaufgabe der Kommunen ist. Diese enthält nicht nur eine eindeutige Leistungsverpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, sondern bringt auch zum Ausdruck, dass entsprechende Angebote in bedarfsgerechtem Umfang zur Verfügung gestellt werden müssen.
Kinder- und Jugendarbeit ist eine wichtige Ergänzung zum leistungsbezogenen Lernen in der Schule. Denn hier können Kinder und Jugendliche eigene Akzente setzen, sich neue soziale Beziehungen erschließen, selbst Strukturen gestalten und eigenen, individuellen Vorlieben und Kompetenzen nachgehen, die oftmals im Schulkontext nicht zum Tragen kommen. Zudem entwickeln sie dort gesellschaftlich bedeutsame Schlüsselqualifikationen. Und: Kinder und Jugendliche brauchen offene, freie Räume zur Entfaltung eigenständigen Engagements, um eine aktive partizipationsorientierte Rolle in der Gesellschaft zu entwickeln.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit mehr als 45 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.