Das Deutsche Kinderhilfswerk bedauert die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes des Saarlandes, die Klage des 17-jährigen Schülers David Cuervo Müller gegen die Wahlaltersbeschränkung bei der Wahl des Bürgermeisters in Perl abzuweisen. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sind die Gründe für die Abweisung der Klage nicht stichhaltig, insbesondere hinsichtlich der Rechtswirkung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. „Wenn das Gericht jetzt ausführt, dass es keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass Artikel 3 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention Kindern in Deutschland subjektive Rechte einräumt, widerspricht das aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ganz eindeutig den Grundgedanken der Kinderrechtskonvention. Die in Artikel 3 Absatz 1 festgeschriebene Vorrangstellung des Kindeswohls ist eindeutig und muss in Deutschland unmittelbar angewendet werden. Von daher halten wir als Kinderrechtsorganisation die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichtes in dieser Hinsicht für falsch“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
„Zudem halten wir die Einschätzung des Gerichts, dass für die Gewährung des Wahlrechts ein gewisser Grad an politischer Einsichtsfähigkeit vorliegen muss und hier eine Altersgrenze von 18 Jahren gerechtfertigt ist, aus zwei Gründen für diskriminierend. Zum einen gibt es richtigerweise auch keine Altersgrenze nach oben bei der Gewährung des Wahlrechts, obwohl vielleicht die politische Einsichtsfähigkeit bei Menschen in zunehmendem Alter abnehmen könnte. Zum anderen belegen Jugendstudien seit Langem ganz eindeutig, dass Kinder und Jugendliche gesellschaftliche und politische Prozesse aufmerksam verfolgen und durchaus in der Lage sind, an Wahlen verantwortlich teilzunehmen. Gerade deshalb wurde ja inzwischen in vier Bundesländern bei Landtagswahlen und in zehn Bundesländern bei Kommunalwahlen das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt“, so Hofmann weiter.
„Ich kann die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht nachvollziehen und halte sie für falsch. Durch dieses Urteil werden weiterhin viele Jugendliche vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen und aufgrund einer willkürlich festgesetzten Altersgrenze diskriminiert. Leider haben die Richter zu meiner sehr großen Enttäuschung dies nicht erkannt und lassen mit diesem Urteil die weitere Diskriminierung zu. Das empfinde ich als ein Armutszeugnis. Ich werde jetzt gemeinsam mit meinem Rechtsanwalt beraten, ob wir in Berufung gehen“, sagt David Cuervo Müller, den das Deutsche Kinderhilfswerk bei seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht in Saarlouis auch finanziell unterstützt hat.
Aufgrund der formalrechtlichen Begründung des Urteils fordert das Deutsche Kinderhilfswerk Gesetzgeber in Bund, Ländern und Kommunen auf, durch eine gesetzliche Wahlaltersabsenkung endlich Rechtsgrundlagen zu schaffen, die auch jüngeren Menschen politische Teilhabe durch demokratische Wahlen ermöglicht. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen (also von der Europa- bis zu den Kommunalwahlen) zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken. Eine Senkung des Wahlalters trägt nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch dem veränderten Altersaufbau der Gesellschaft Rechnung. Seit einigen Jahren gibt es mehr Rentner als Kinder und Jugendliche. Mit dieser veränderten Struktur sind die Möglichkeiten der jungen Bevölkerung gesunken, ihre Interessen wahrzunehmen und durchzusetzen.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.