Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert anlässlich der heutigen Aktuellen Stunde im Bundestag an die Bundesregierung, die durch die positive wirtschaftliche Lage vorhandenen Verteilungsspielräume für eine grundlegende Reform der Familienförderung zu nutzen.
„Es darf kein ‚Weiter so‘ in der Familienförderung, sondern es muss eine konsequentere Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland geben. Es müssen die richtigen Prioritäten gesetzt werden, und da reichen die im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehenen Maßnahmen bei weitem nicht aus. Wir brauchen insbesondere armutsfeste Regelsätze, verstärkte Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende sowie mehr Investitionen in schulische und vorschulische Bildung. Zudem ist es dringend notwendig, das System der Familienförderung zu entbürokratisieren. Viele Menschen verzweifeln an der Undurchsichtigkeit des Systems und beantragen ihnen zustehende Leistungen nicht, beispielsweise den Kinderzuschlag oder das Bildungs- und Teilhabepaket“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Bereits vor fast zwei Jahren hat der Bundesratsausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik grundlegende Kritik an der Berechnungsmethode der Regelsätze für Kinder und Jugendliche, der Höhe des Schulbedarfspakets und den unzureichenden Leistungen für Alleinerziehende geübt. Demnach werden die Regelsätze für Kinder und Jugendliche nicht wissenschaftlich belastbar ermittelt.
„Gerade durch die politische Kleinrechnung der Regelsätze wird armen Menschen in Deutschland das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben in vielen Fällen vorenthalten. Sozialexperten haben unlängst ermittelt, dass die Bundesregierung durch das Herunterrechnen der Hartz-IV-Sätze jährlich 25 Milliarden Euro spart. Es hilft also nicht ein Herumdoktern an Sonderbedarfen oder minimale Erhöhungen des Regelsatzes, sondern es braucht eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung unter Berücksichtigung der Prinzipien von Transparenz und Nachprüfbarkeit“, so Krüger weiter.
Grundsätzlich setzt sich das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung ein, die das Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem gewährleistet. Außerdem plädiert die Kinderrechtsorganisation für ein Bundeskinderteilhabegesetz, das Kindern und Heranwachsenden aus Familien in prekären Lebenslagen einen besonderen Rechtsanspruch auf Förderung und Teilhabe gibt, bundeseinheitliche Standards setzt und Fachgesetze für mehr Teilhabe und effektive Armutsprävention systematisch ändert und ergänzt. Ziel ist dabei insbesondere Teilhabe durch eine bedarfsgerechte Infrastruktur im direkten Lebensumfeld zu garantieren.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.