Die Sache mit dem Internet ist, dass Kindern und Jugendlichen dort auf so viele verschiedene Arten geschadet werden kann, weiß Pascal. Er ist 19 Jahre alt und engagiert sich als ehrenamtlicher Scout beim Verein JUUUPORT e.V. Er berät Kinder und Jugendliche, wenn diese im Internet negative Erfahrungen machen, zum Beispiel mit Cybermobbing. Auf der Online-Beratungsplattform www.juuuport.de können Betroffene in solchen Fällen eine anonyme Anfrage stellen. Ein Team aus Medienpädagog*innen und Psycholog*innen prüft die Anfrage und leitet sie an ehrenamtliche Scouts wie Pascal weiter. Die Scouts schreiben eine Antwort, in der sie den Kindern und Jugendlichen Tipps geben, wie sie mit ihrem Problem am besten umgehen können.
„Beim Mobbing ist es meistens so, dass die Täter*innen bekannt sind, zum Beispiel aus der Schule – dann können einem vielleicht Eltern oder auch Vertrauenslehrer helfen“, sagt Pascal. Etwas anderes seien die immer häufiger vorkommenden Fälle der sogenannten Sextortion. Hierbei erschleichen sich unbekannte Täter*innen auf Social Media das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen. Sie fordern sie auf, intime Bilder von sich zu schicken – und erpressen sie damit. „In solchen Fällen hilft leider nur Anzeige erstatten“, sagt Pascal. „Auf gar keinen Fall sollte man auf die Forderungen eingehen und Geld bezahlen.“
Die Betroffenen merken: Ich bin nicht alleine
Pascal ist seit drei Jahren bei JUUUPORT. Er ist damals über Instagram auf das Projekt aufmerksam geworden. Rund 40 ehrenamtliche Scouts zwischen 14 und 24 Jahren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz engagieren sich auf der Plattform. Für ihr Ehrenamt ausgebildet werden sie bei den sogenannten Scout-Camps. Dort lernen sie, wie sie Beratungsanfragen beantworten können, erfahren mehr zu aktuellen Themen wie Fake News oder Künstliche Intelligenz und bekommen Tipps von Psycholog*innen. „Ich habe zum Beispiel viel über Empathie gelernt und darüber, wie ich gut mit Kindern und Jugendlichen sprechen kann, um ihnen zu helfen“, sagt Anna, 19, die seit zwei Jahren bei JUUUPORT mitmacht.
Dass andere Jugendliche sie beraten, sei für die betroffenen Kinder sehr wichtig, sagen Esther Käßmann und Franziska Polte von JUUUPORT e.V. „Das ist etwas ganz anderes, als wenn man mit einer erwachsenen Person über ein Problem spricht und die dann mit erhobenem Zeigefinger sagt: Ich hab‘ doch gesagt du musst da vorsichtig sein“, sagt Polte. Die jugendlichen Scouts können die Probleme selbst nachvollziehen, haben ähnliches erlebt oder kennen andere Betroffene. Diese Augenhöhe sei für die Beratung entscheidend. Denn die Probleme und Themen, mit denen sich die Jugendlichen an die Scouts wenden, sind oft schambehaftet. Deshalb findet die Kommunikation auf der Plattform auch anonym statt. „Das senkt die Hemmschwelle“, sagt Käßmann. Sonst würden sich die Jugendlichen nicht trauen, mit anderen über Probleme wie Erpressung mit intimen Fotos zu sprechen.
Ein sicherer Umgang mit den Medien ist wichtig
„Es ist echt erschreckend, was im Internet alles abgehen kann“, sagt Anna. Dennoch finden Pascal und sie es wichtig, dass Kinder und Jugendliche das Internet möglichst ohne Einschränkungen nutzen können. Denn das Internet ist für Jugendliche ein Teil ihrer Lebenswelt und ein wichtiger Raum, um teilzuhaben. „Deshalb macht es keinen Sinn, wenn Eltern zum Beispiel das Handy wegsperren und sagen: Das ist zu gefährlich“, sagt Pascal. „Man sollte Kindern und Jugendlichen Freiheiten lassen – aber sie müssen eben auch die Risiken kennen und einen guten Umgang mit den Medien lernen“, sagt Anna. Deshalb sind Aufklärung und Prävention neben der Beratung ein wichtiger Teil der Arbeit der JUUUPORT-Scouts. Sie produzieren Videos für Social Media, geben Interviews für Medien, sind auf Messen vertreten oder machen Aktionen. „Unser Ziel ist, dass Kinder und Jugendliche herausfinden können, wie sie sich im Internet ausleben können – aber dabei sicher sind“, sagt Pascal.
Für Jugendliche ist es nicht immer leicht, sich bei Problemen im Netz jemandem anzuvertrauen. Dabei ist das der einzige Weg, sich aus dieser Situation zu befreien. Die Idee, dass junge Menschen andere Jugendliche im Fall von Online-Mobbing oder Belästigung auf Augenhöhe beraten und ihnen helfen, überzeugt auf ganzer Linie. Dabei zeichnet sich das Projekt durch einen herausragenden Beteiligungsgrad aus und schafft einen Resonanzraum für außerordentliches soziales Engagement junger Menschen.
- aus der Jurybegründung