Expertendiskussion mit Bundesjustizministerin Zypries
Zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes ruft das Aktionsbündnis Kinderrechte (UNICEF, Deutscher Kinderschutzbund und Deutsches Kinderhilfswerk) dazu auf, den Rechten der Kinder in Deutschland Verfassungsrang zu geben. „Das Grundgesetz ist schon oft geändert worden - aber noch nie umfassend zugunsten der Kinder. Um die Situation der Kinder in Deutschland deutlich und nachhaltig zu verbessern, müssen Kinderrechte endlich dort verankert werden“, sagte Anne Lütkes, Vorstandsmitglied bei UNICEF und Deutschem Kinderhilfswerk. „Investitionen in soziale Dienste, schulische Förderung und Jugendeinrichtungen werden viel zu oft hinten angestellt. In Deutschland muss das Kindeswohl Vorrang haben - nicht die Abwrackprämie für Altautos.“
Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Aufnahme von Kinderrechten ist am heutigen Donnerstag Gegenstand einer hochrangig besetzten Diskussionsrunde mit Bundesjustizministerin Zypries, Verfassungsrechtlern und Politikern. „Wir brauchen einen Perspektivwechsel in Deutschland“, sagte Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes. „Eine Grundgesetzänderung wäre das richtige Signal, um zu zeigen: Wir kümmern uns um die Kinder in unserem Land.“
Oft werden Kinder in Deutschland bei Entscheidungen, die ihr Leben betreffen, gar nicht einbezogen. Sei es im Verkehrsrecht, bei der Stadtplanung oder auch bei der Aufnahme von staatlichen Schulden, die erst Jahrzehnte später abbezahlt werden können – nur in seltenen Ausnahmefällen dürfen Kinder ihre Zukunft mitgestalten. Bei richterlichen Entscheidungen, bei der Anwendung von Gesetzen durch Behörden und Verwaltungen, bei der politischen Gewichtung von Interessen wird das Wohl der Kinder selten berücksichtigt. Außerdem fallen Kinder häufig durch das Raster der „großen“ Politik, die den erwachsenen Wählern verpflichtet ist. Unter diesen Wählern sind immer weniger Eltern.
Das Aktionsbündnis Kinderrechte hat 2007 die Kampagne „Kinderrechte ins Grundgesetz!“ gestartet, damit die Rechte der Kinder in Deutschland endlich den Stellenwert erhalten, den Deutschland ihnen bei der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention vor 20 Jahren zuerkannt hat. Unterstützung erhält die Kampagne von mehr als 200 Einzelorganisationen. Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen sowie Bundesminister wie Ursula von der Leyen, Brigitte Zypries haben sich zu einer Grundgesetzänderung bekannt. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages unterstützt den Aufruf „Kinderrechte ins Grundgesetz“ nun auch offiziell. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bereits offen für das Anliegen gezeigt.
Fast alle Bundesländer haben Kinderrechte in ihren Landesverfassungen verankert. In Niedersachsen soll demnächst ein interfraktioneller Antrag ins Parlament eingebracht werden, um Rechte von Kindern explizit in die Landesverfassung aufzunehmen. In Schleswig-Holstein streitet derzeit ein breites Bündnis aus verschiedenen Organisationen für eine Stärkung der Kinderrechte in der Landesverfassung.
Zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes will das Aktionsbündnis Kinderrechte zur Klärung grundlegender juristischer Fragen beitragen, die mit einer Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz verbunden werden. Unter dem Motto „Kinderrechte ins Grundgesetz – eine verfassungsrechtliche Grundsatzfrage“ diskutieren heute von 17-19 Uhr auf Einladung des Aktionsbündnisses die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Jürgen Gehb, die Expertin für internationales Familienrecht Prof. Dr. Nina Dethloff sowie der Sprecher der Nationalen Koalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Dr. Jörg Maywald.
Die Moderation liegt bei Prof. Dr. Wolfgang Roth, Sozietät Redeker.
Themen der Diskussion sind:
· Das grundrechtliche Schutzdefizit zum Nachteil von Kindern
· Gescheiterte Gesetzesvorhaben zum Schutz von Kindern
· Beispiele aus der Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis
· Erfahrungen mit Kindergrundrechten in Landesverfassungen
· Wie wirken sich Kindergrundrechte materiellrechtlich aus und wer setzt sie durch?
· Völkerrechtliche Verpflichtung zur Aufnahme expliziter Kindergrundrechte in das Grundgesetz
· Form der Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz
· Auswirkung von Kindergrundrechten auf das Elternrecht
· Auswirkung bundesverfassungsrechtlicher Kindergrundrechte auf das Verhältnis Bund/Länder/Kommunen
Die Veranstaltung findet in der Landesvertretung der Freien und Hansestadt Hamburg in Berlin statt.
Zur Berichterstattung sind Sie herzlich eingeladen.
Kontakt:
Christian Briesen (Deutscher Kinderschutzbund), 030/214809-40
Michael Kruse (Deutsches Kinderhilfswerk), 030/308693-11
Helga Kuhn (UNICEF Deutschland), 0221/93650-234
Die Veranstaltung wird unterstützt durch die Sozietät
Weitere Informationen und Rückfragen: Uwe Kamp, Pressesprecher
Telefon: 030-308693-11
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.