Projekt des Monats 

"Man muss aus der Geschichte lernen" 

Das Jugendtheater des Phoenixtheaters Rastatt hat das Stück „Vorbei ist eben nicht vorbei“ auf die Bühne gebracht. Darin setzen sich die Schauspielerinnen und Schauspieler mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus auseinander – und wollen damit ein Zeichen gegen Rechts setzen. Unser Projekt des Monats. 

„Meine Großeltern haben nicht wirklich über die Kriegszeit geredet, ich habe nicht viel mitbekommen, wie es bei uns in der Familie war“, sagt Alicia. Sie ist 20 Jahre alt und spielt seit 2018 im Jugendtheater des Phoenixtheaters Rastatt mit. Diesen Herbst hat sie mit anderen Jugendlichen das Stück „Vorbei ist eben nicht vorbei“ nach einem Roman von Kirsten Boie auf die Bühne gebracht.

Darum geht es in dem Stück:

Die 13-jährige Karin wohnt in Hamburg und genießt 1961 einen unbeschwerten Sommer. Als ihre Freundin Regina ihr ein Buch über jüdische Kinder im Nationalsozialismus schenkt, wird sie nachdenklich: Haben ihre Eltern wirklich nichts von dem gewusst, was in Deutschland während dieser Zeit geschehen ist? Oder waren sie sogar selbst in Verbrechen verwickelt? Karin sucht nach Antworten auf ihre Fragen, doch ihre Eltern sprechen nicht mit ihr über die Zeit des Nationalsozialismus.

Die Jugendlichen wollen die Hintergründe verstehen 

Alicia spielt in dem Stück die Rolle der Großmutter Domischkat – die ihrer Enkelin Karin lieber etwas über ihre eigene Vertreibung und Flucht aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten erzählt als über die Judenverfolgung. „Durch das Stück habe ich viel dazugelernt, zum Beispiel darüber, welche große Rolle Schuld und Scham in vielen Familien spielen und dass sich das über Generationen hinweg durchziehen kann“, sagt Alicia.  

„Die Nachkriegszeit ist besonders spannend, weil die Auseinandersetzung von den Jugendlichen damals mit ihren Eltern über den Nationalsozialismus heute kaum thematisiert wird“, sagt Jaqueline Edelmann, Theaterpädagogin und Regisseurin am Phoenixtheater. „Mit dem Stück versuchen wir, eine Verbindung zur Gegenwart herzustellen: Wie setzen sich Jugendliche heute mit der damaligen Zeit auseinander? Wie schauen sie auf unsere Demokratie und auf rechte Strömungen?“ Beim Projekt gehe es nicht nur ums Theaterspielen, sondern auch darum, die Hintergründe zu verstehen. 

Für Demokratie und Vielfalt 

„Beim Thema Nationalsozialismus heißt es ja oft: Nicht schon wieder“, sagt Alicia. „Aber ich finde es enorm wichtig, sich immer weiter darüber zu informieren.“ Zu Beginn des Projekts hielten die Jugendlichen deshalb zunächst Referate über den Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit. „Und dann haben wir uns in Diskussionsrunden dazu ausgetauscht“, erzählt Noah, 17 Jahre, der dieses Jahr zum ersten Mal beim Phoenixtheater mitspielt. „Wir haben überlegt: Wie ist die Situation aktuell? Geht es wieder in so eine Richtung, dass die Gefahr von rechts immer größer wird?“ Nach den Referaten arbeiteten sie gemeinsam an ihren Figuren. „Wir wollen wissen, warum sie so handeln, wie sie handeln“, sagt Noah. „Welche Geschichte steckt dahinter? Wie könnte man es schaffen, dass die Person vielleicht anders handelt?“ 

Mit dem Theaterstück wollen die Jugendlichen in Zeiten erstarkender rechter Parteien ein Zeichen für Demokratie und Vielfalt setzen. „Ich finde man sollte aus der Geschichte lernen und nicht nochmal die gleichen Fehler machen“, sagt Alicia. „Geschichte kann sich wiederholen und man sieht ja leider gerade, dass Themen wie Rassismus und Homophobie in unserer Gesellschaft brandaktuell sind.“ Deshalb ist es ihr wichtig, zu informieren – in persönlichen Gesprächen oder auch im Theater. „Damit die Leute nicht denken: Ach, das ist doch alles schon längst vorbei“. 

„Die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte ist absolut notwendig, um gegenwärtige Entwicklungen begreifen zu können und sich darüber eine Meinung zu bilden. Die partizipative Herangehensweise sowie die Bezugnahme auf aktuelle Ereignisse bei dem Theaterstück des Phoenixtheater Rastatt ermöglichte es den Jugendlichen, diese einzuordnen, sich einen Standpunkt zu erarbeiten und ihr eigenes 'Nie wieder!' auf die Bühne zu bringen. Das Projekt zeigt sehr eindrücklich, welches Potenzial Kunst und Kultur für die Meinungsbildung, Beteiligung und das Demokratieverständnis von jungen Menschen hat.“

- aus der Jurybegründung 

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