Linda Zaiane
Leiterin Koordinierungsstelle Kinderrechte, Referentin Kinderrechte
zaiane@dkhw.de 030 - 308693-0familiengerichtliche Verfahren
Verfahrensbeistände für Kinder müssen Standard werden
Die Bestellung von Verfahrensbeiständen für Kinder in Kindschaftssachen sind noch immer nicht gerichtlicher Standard. Die Auswertungen auf Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass zwar in allen Bundesländern eine positive Entwicklung zu verzeichnen ist, aber lediglich in Hessen (56,7 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (55 Prozent) und Sachsen-Anhalt (51,6 Prozent) in der Mehrzahl dieser Verfahren (Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen) Verfahrensbeistände vom Gericht bestellt werden. Am schlechtesten schneiden Berlin (40 Prozent), Baden-Württemberg (40,7 Prozent) und Bayern (43 Prozent) ab.
Zur Wahrnehmung ihrer Interessen brauchen Kinder in Justizverfahren im Regelfall eine professionelle Begleitperson. In familiengerichtlichen Verfahren ist dies der Verfahrensbeistand, der nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten soll – und nicht die der Eltern. Er soll unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein. Trotz der positiven Entwicklungen seit 2017 ist die Bestellung von Verfahrensbeiständen bisher in keinem Bundesland der Regelfall. Zudem wird bisher nicht genauer aufgeschlüsselt, in welcher Art von Verfahren von der Bestellung abgesehen wird.
Im Jahr 2021 hat der Bundesgesetzgeber die Rechte des Kindes hinsichtlich der Bestellung des Verfahrensbeistandes nach § 158 FamFG gestärkt. Zudem wurden erstmals bundesrechtliche Vorgaben zur Eignung (§ 158a FamFG), Aufgaben und Rechtsstellung (§ 158b FamFG) und Vergütung (§ 158c FamFG) des Verfahrensbeistandes/der Verfahrensbeiständin normiert. Aus kinderrechtlicher Sicht sind die Gesetzesänderungen zwar zu begrüßen, gehen aber an vielen Stellen nicht weit genug. So gibt es keine Verpflichtung des Gerichts, die Auswahl des Verfahrensbeistandes/ der Verfahrensbeiständin transparent darzulegen und das Kind zu beteiligen. Weiter gibt es keine Möglichkeit für die Aufhebung der Bestellung durch da Gericht, falls das Kind in Einzelfällen mit seinem Verfahrensbeistand/ seiner Verfahrensbeiständin nicht zurechtkommt.
Vor allem bleibt die Verpflichtung außer in besonders schwerwiegenden Regelbeispielen nach § 158 Abs. 2 FamFG vage, denn die Bestellung durch das Gericht erfolgt „soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist“ (§ 158 Abs. 1 FamFG). Dies ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes in den meisten Fällen erforderlich, wenn die Möglichkeit eines potenziellen Interessenkonfliktes zwischen Eltern und Kindern nicht ausgeschlossen werden kann.
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