Hintergrundinformation
Die Ernährungssituation von Kindern
in Deutschland

Eine anhaltend schlechte Ernährung kann lebenslange Folgen mit sich bringen. Daher stellen sich unweigerlich die Fragen: Was essen und trinken Kinder in Deutschland und inwiefern spielt der soziale Status ihrer Familien eine Rolle? Ein Überblick zur Ernährungssituation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
Jedes Kind hat das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard gemäß „seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung“. So besagt es Artikel 27 der UN-Kinderrechtskonvention. Zu einem angemessenen Lebensstandard gehört natürlich auch eine gesunde Ernährung. Sie ist der Grundstein für körperliches Wohlbefinden. Doch in keinem europäischen Land leben so viele übergewichtige Kinder wie in Deutschland.
Fast jedes sechste Kind ist zu dick. Eine gesunde Ernährung ist für Familien in finanziellen Notlagen nicht möglich. Sie können sich frisches Obst und Gemüse schlicht nicht leisten. Zudem weiß die Lebensmittelindustrie Zucker und Fett geschickt zu verstecken und besonders Kinder mit cleverer Werbung, verlockenden Verpackungen und auf Kindergrößen ausgerichtete Produktplatzierungen auszutricksen.
Armut versus Gesundheit
In Deutschland leben derzeit ca. 2,7 Million Kinder in direkter Armut oder in sozial gefährdeten Verhältnissen. Daran ändert auch Hartz IV nichts, wie der Paritätische Gesamtverband herausfand: Seit der Einführung von Hartz IV stagniert der Anteil benachteiligter Kinder in Deutschland auf fast gleichbleibend hohem Niveau. Jedes siebte Kind unter 15 Jahren lebt von Hartz IV. In Ostdeutschland ist es sogar jedes vierte Kind.
Ein Tagessatz in Hartz-IV-Haushalten reicht nicht für eine gesunde Ernährung, noch nicht einmal dann, wenn ausschließlich in Billig-Discountern eingekauft wird. Für ein gesundes Frühstück, Mittagessen, Abendbrot und einen kleinen Snack zwischendurch werden pro Tag rund 6 Euro benötigt. Der Hartz-IV-Regelsatz für die Ernährung von Kindern beträgt jedoch nur im Schnitt nur 3,59 Euro.
Ernährungsdefizite in der ganzen Gesellschaft
Aber nicht nur Kinder aus finanziell bedürftigen Familien sind betroffen. Ernährungsbedingte Krankheiten ziehen sich durch die ganze Gesellschaft. Auch der Schuleintritt bringt für die meisten Kinder eine starke Veränderung mit sich, denn das lange Sitzen verbunden mit weniger Bewegung birgt Gefahren für die Gesundheit.
Derzeit sind 15,4 Prozent der 3- bis 17-jährigen als übergewichtig einzustufen; 6 Prozent davon leiden gar an einer krankhaften Übergewichtigkeit (Adipositas). Zu diesem Ergebnis kommt die Langzeitstudie „KiGGs Welle 2“ zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert-Koch-Instituts. Die Folgen für die Betroffenen sind oftmals seelische und körperliche Probleme, die wiederum Konsequenzen für ihre private und berufliche Zukunft mit sich bringen können.
Die Ergebnisse der vorangegangenen Studie zeigen auch, dass Kinder beispielsweise deutlich zu viele Fleisch- und Wurstprodukte zu sich nehmen. Bei den 12- bis 17-jährigen Jungen überschreiten 86 Prozent die empfohlene Menge, während lediglich 29 Prozent ihren Bedarf an Obst und Gemüse decken.
Dennoch bleibt akuter Hunger eines der Hauptprobleme. Laut dem Verband der Kinder- und Jugendärzte leiden rund 500.000 Kinder regelmäßig an nicht gestilltem Hunger. Ihr tägliches Leben wird nicht von der Qualität ihres kulinarischen Konsums bestimmt sondern davon, dass es diesen schlicht nicht gibt. Hunger kann richtig wehtun und beeinflusst die Gedanken wie kaum etwas anderes. Die gesundheitlichen Folgen hierbei sind ebenso gravierend: Eiweißmangel führt zur Unterentwicklung des Gehirns und behindert den Muskelaufbau. Die Folgeschäden können nie wieder behoben werden.
Gegenmittel
Die jetzige Ernährungssituation von Kindern in Deutschland steht im Widerspruch zum Artikel 27 der UN-Kinderrechtskonvention. Doch nicht nur das. Sie belastet auch das Krankenversicherungssystem und schafft Mehrkosten, die von Anfang an sinnvoll investiert werden könnten.
Als Gegenmittel helfen hier nicht nur finanzielle Mittel, sondern ebenso Aufklärungsprogramme, in die selbstverständlich auch die Eltern miteinbezogen werden müssen. Ziel sollte sein, die Ernährungssituation nachhaltig zu verbessern und nicht nur punktuell eine gesunde Mahlzeit vorzusetzen.