12.09.2016

Deutsches Kinderhilfswerk fordert Nordrhein-Westfalen zu konsequenterer Stärkung der Kinderrechte auf

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert das Land Nordrhein-Westfalen zu einer konsequenteren Stärkung der Kinderrechte auf. In seiner Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend zum Antrag „Rechte von Kindern und Jugendlichen in NRW stärken“ mahnt das Deutsche Kinderhilfswerk deshalb Nachbesserungen an.

„Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die grundsätzliche Intention des Antrages sehr. Er spiegelt den breiten politischen und gesellschaftlichen Wirkungsbereich der UN-Kinderrechtskonvention wider, ebenso wie die vielfältigen Rechte von Kindern und Jugendlichen, die sich daraus ableiten. Gleichzeitig fehlen aber zentrale Forderungen und damit politische Handlungsempfehlungen, etwa in den Bereichen Kinderarmut und Flüchtlingskinder. Zudem sehen wir, insbesondere im Bereich der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, Möglichkeiten der Konkretisierung, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen konsequenter umzusetzen“, betont Kai Hanke, Kinderrechtsexperte des Deutschen Kinderhilfswerkes, bei der heutigen Anhörung im Landtag.

Um die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken, spricht sich das Deutsche Kinderhilfswerk für eine Ergänzung des Artikels 6 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung aus, um hier spezifische Beteiligungsrechte mit aufzunehmen. Zudem ist die bisherige Unterscheidung bei den Kinderrechten in solche für Kinder und solche für Jugendliche aus Sicht des Verbandes nicht zielführend. Kinderrechte sollten in Deutschland, wie in der UN-Kinderrechtskonvention normiert, für alle Menschen bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres gleichermaßen gelten. Auf der kommunalen Ebene spricht sich das Deutsche Kinderhilfswerk für die Festlegung von rechtsverbindlichen Beteiligungsrechten in der Gemeindeordnung nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins aus. Begleitend ist es notwendig, den Kommunen für diesen für sie oftmals neuen Betätigungsbereich, Unterstützung beim Aufbau nachhaltiger Beteiligungsstrukturen zur Verfügung zu stellen. Dies kann beispielsweise durch Projektförderung, die Ausbildung und Vernetzung von Fachleuten sowie Entwicklung und Bereitstellung von Handlungsempfehlungen für die Praxis vor Ort erfolgen. Zusätzlich zu den im Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen festgeschriebenen Beteiligungsrechten von Schülerinnen und Schülern regt das Deutsche Kinderhilfswerk die gezielte kinderrechtliche Förderung von Schulen an, damit das Thema Einzug in den Alltag der Institution selbst halten kann.

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat hier mit dem Projekt „Kinderrechteschulen“ bereits weitreichende Praxiserfahrung sammeln können. In diesem Projekt werden die teilnehmenden Schulen durch Bereitstellung von Fachmaterial sowie durch die Fortbildung der Fachkräfte in ihrem Entwicklungsprozess hin zu „Kinderrechteschulen“ mit eigenen kinderrechtlichen Aktionsplänen, in denen die Umsetzung der Kinderrechte zur selbstverständlichen Alltagspraxis wird, durch das Deutsche Kinderhilfswerk über mehrere Jahre hinweg unterstützt. Außerdem fordert das Deutsche Kinderhilfswerk das Land Nordrhein-Westfalen zu verstärkten Anstrengungen zur Senkung der Kinderarmutsquote auf. Hier sind vor allem mehr Investitionen notwendig, beispielsweise durch regionale Programme zur Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit ebenso wie eine Stadtentwicklungsplanung zur Unterstützung benachteiligter Stadtquartiere und Initiativen für mehr Bildungsgerechtigkeit. Die bisherigen vielfältigen angestoßenen Prozesse in den Kommunen gilt es nachhaltig zu verankern und zu sichern. Bei der Integration von Flüchtlingskindern muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes aufgrund der teilweise langen Aufenthaltsdauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen eine Änderung des Schulgesetzes angestrebt werden, sodass die Schulpflicht für Flüchtlingskinder bereits ab dem Tag ihrer Ankunft in Nordrhein-Westfalen greift. Außerdem benötigen die oftmals für die Anforderungen nicht ausgebildeten Lehrer schnellstmöglich Fortbildungen, so beispielsweise hinsichtlich „Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache“ oder beim Umgang mit traumatisierten Kindern. Bei der Betreuung der besonders schutzbedürftigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge muss am Primat der Kinder- und Jugendhilfe festgehalten werden, die Entscheidung über ihre Verteilung darf nur gemeinsam mit dem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling getroffen werden. Schließlich plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung von bundesweit verbindlichen Schutzstandards in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Perspektivisch sollte für Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte, in denen Kinder leben, die Betriebserlaubnispflicht nach § 45 Kinder- und Jugendhilfegesetz zur Grundlage für den Kinderschutz werden. Diese stellt das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Entscheidung für eine Betriebserlaubnis und setzt Standards im Bereich der gesellschaftlichen und sprachlichen Integration, der gesundheitlichen Vorsorge und medizinischen Betreuung sowie bei Verfahren der Beteiligung und Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten.

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