Ein wegweisendes Karussell

Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments in Dreieich haben erreicht, dass künftig beim Bau und bei der Reparatur von Spielplätzen geprüft werden muss, ob ein inklusives Spielgerät errichtet werden kann. Sie wollen ihre Stadt barrierefreier machen. Ein Rollstuhlkarussell macht den Anfang. Unser Projekt des Monats.

Sina* dreht an der gelben Scheibe, mit der sich das Karussell schneller drehen lässt. Felix* dreht freudig mit. Dass sie zusammen auf dem Spielplatz spielen können, ist für die beiden Kinder etwas Neues. Denn Felix* ist auf den Rollstuhl angewiesen. Noch bis vor Kurzem gab es in Dreieich auf keinem Spielplatz ein Spielgerät, das er eigenständig nutzen konnte. Doch seit Anfang der Woche steht ein inklusives Rollstuhlkarussell auf dem Spielplatz im Bürgerpark. Dafür gesorgt haben Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments der Stadt. 

Nele und Jette (beide 15) engagieren sich im Kinder- und Jugendparlament von Dreieich und arbeiten in der Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz, Städteplanung und Inklusion mit. Außerdem sind sie auf der Dreieicher Jugendfarm aktiv. Dort trafen sie auf Felix*. Er erzählte ihnen, dass er auf Spielplätzen kaum mitspielen kann. “Wir haben uns gedacht: Wir wollen daran etwas ändern und wir können auch etwas verändern”, sagt Nele. 

Was wünschen sich die Kinder? 

Im Kinder- und Jugendparlament entwickelten sie die Idee, ein inklusives Spielgerät anzuschaffen. “Aber vorher wollten wir mit den Kindern reden und ihre Wünsche kennen”, sagt Jette. Also gingen sie zur Behindertenhilfe in Dreieich und stellten den Kindern dort ihre Idee vor. Und sie fragten sie: Welches Spielgerät wünscht ihr euch? “Es zeichnete sich dann schnell ab, dass es ein Karussell werden soll.” 

Danach sprachen die Jugendlichen mit dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung. Sie versuchten, Gelder zu organisieren, stellten unter anderem einen Förderantrag beim Spielraumfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes – all das mit Erfolg. Blieb die Frage nach dem Standort. Der Spielplatz im Bürgerpark, wo das Karussell steht, befindet sich in der Nähe mehrerer Schulen und der Behindertenhilfe. Außerdem ist er gut mit dem Bus erreichbar und auch parken kann man. All das war den Jugendlichen wichtig, damit möglichst viele Kinder und Familien das neue Spielgerät nutzen können. 

Langfristig mehr Barrierefreiheit schaffen 

Aber bei einem Spielgerät sollte es nicht bleiben. “Wir wollten langfristig mehr Barrierefreiheit in allen Stadtteilen von Dreieich schaffen”, sagt Nele. Das Kinder- und Jugendparlament, in dem 19 Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren mitarbeiten, hat Rede- und Antragsrecht bei der Stadtverordnetenversammlung. Gemeinsam erarbeiteten sie einen Antrag, der einstimmig angenommen wurde: Künftig muss in Dreieich beim Bau von Spielplätzen und deren Reparatur immer geprüft werden, ob ein barrierearmes Spielgerät geschaffen werden kann. “Auch andere Initiativen, die das bei anderen Spielplätzen schaffen wollen, haben durch den Antrag der Jugendlichen Aufwind bekommen”, sagt Patrick Bessler, Mitarbeiter der Kinder- und Jugendförderung der Stadt Dreieich. 

Nele und Jette freuen sich, dass das Karussell und auch der Antrag so gut angenommen werden. “Das, wofür wir gekämpft haben, hat sich auf jeden Fall gelohnt.” 

*Namen der Kinder geändert 

Aus der Jurybegründung 

„Inklusion zu gestalten, bedeutet für uns, Räume und Spielgelegenheiten zu schaffen, in denen die Teilhabe aller Kinder unabhängig von sozioökonomischer Herkunft, Nationalität, Kultur, Alter, Geschlecht oder individuellen körperlichen und geistigen Fähigkeiten möglich ist. Um inklusives Spiel zu ermöglichen, sollten Spielräume so gestaltet sein, dass sie auf vielfältige Art und Weise von möglichst allen Kindern entsprechend ihrer Fähigkeiten und Bedürfnisse erreicht und genutzt werden können. Insbesondere für Kinder mit körperlichen Behinderungen sind klassische Spielplätze häufig nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzbar – hier bedarf es eines generellen Umdenkens in der Planung und deutlich mehr Investitionen als bisher, sowohl bei Neubau als auch im Bestand. Dass sich das Jugendparlament dieser Aufgabe annimmt und alle Hebel in Bewegung setzt, um solche Spielräume zu schaffen, verdient unsere höchste Anerkennung!“

Diese Nachrichten könnten Sie noch interessieren

Pinke Buchstaben stehen vor dem Bundeskanzleramt in Berlin. Sie bilden das Wort "Kinderrechte". Dahinter stehen Kinder und strecken ihre Arme in die Luft.
Demokratiebildung

Gemeinsamer Appell für notwendige Reformen: Zeitgemäßes Familienrecht in den Koalitionsvertrag!

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU/CSU haben begonnen. Die letzte Bundesregierung hat viel versprochen und intensiv über eine Reform des Familienrechts diskutiert, konnte diese jedoch nicht mehr umsetzen. Wir - 21 Verbände aus der Zivilgesellschaft - haben den bisherigen Prozess aktiv begleitet und blicken ambivalent auf sein vorzeitiges Ende: Neben einigen kritischen Aspekten gab es…

Mitglieder vom Deutschen Fundraising Verband und der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip  Apfelbaum“ stellen sich nach der Pressekonferenz zum Gruppenfoto auf.

Immer mehr Menschen möchten mit ihrem Erbe einen guten Zweck unterstützen

Fast jede fünfte Person in Deutschland zwischen 50 und 70 Jahren kann sich vorstellen, eine gemeinnützige Organisation im Testament zu bedenken. Bei Menschen, die in den letzten 12 Monaten gespendet haben, ist sogar fast jeder Dritte bereit, sein Erbe oder einen Teil des Erbes einem gemeinnützigen Zweck zu hinterlassen. Das zeigen repräsentativen Daten aus dem Spendenmonitor zum gemeinnützigen…

Eine Gruppe junger Jungendlicher steht eng beieinander auf einem Platz. Ein Mädchen schaut direkt in die Kamera, andere richten den Blick auf etwas anderes außerhalb des Bildausschnittes.
Demokratiebildung

Gegen Rassismus – für die Menschenwürde

Als Kooperationspartner der Internationalen Wochen gegen Rassismus 2025 fordert das Deutsche Kinderhilfswerk eine verstärkte Antirassismus-, Menschenrechts- und Kinderrechtebildung zur Stärkung der Demokratie in Deutschland.