Die weiter gestiegene Zahl vermisster Flüchtlingskinder in Deutschland gibt nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes Anlass zu großer Beunruhigung. Nach aktuellen Angaben des Bundeskriminalamtes sind derzeit 2.009 Kinder und Jugendliche, die als unbegleitete Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, im Informationssystem der Polizei (INPOL) als vermisst eingetragen. Seit Beginn des letzten Jahres ist diese Zahl damit um 10 Prozent gestiegen und auf dem höchsten Stand seit drei Jahren. Deshalb müssen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation die Aufklärungsmaßnahmen zum Schutz dieser Kinder verstärkt werden.
„Die gestiegenen Zahlen bei den vermissten Flüchtlingskindern zeigen, dass grenzübergreifende und nationale Kinderschutzsysteme sowie die damit verbundenen Erfassungssysteme verbessert werden müssen. Nur so können Kinder und Jugendliche, die nach Europa flüchten, von Anfang an besser unterstützt und geschützt werden. Bisher wissen wir zu wenig über die Situation der vermissten Kinder. Deshalb gilt es dringend, die Gründe besser zu erforschen, warum die Kinder vermisst werden und in welchen Lebenssituationen sie sich befinden. Nur wenn die Ursachen für das Verschwinden klarer sind, kann zielgerichtet in Präventionsmaßnahmen investiert werden. Zudem sind gut ausgestattete Kinder- und Jugendhilfesysteme, zeitnah gesicherte Aufenthaltsperspektiven und Möglichkeiten des Familiennachzugs von besonderer Bedeutung“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
„Gleichzeitig sehen wir, dass die Kinder- und Jugendhilfesysteme in vielen Kommunen nur unzureichend mit der gestiegenen Zahl unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter Schritt halten. Standards bei der Betreuung und Unterbringung sind teils außer Kraft gesetzt. Auch das ist kinderrechtlich höchst problematisch. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass Flüchtlingskinder zu Verwandten weitergereist sind oder es bei ihrer Umverteilung Fehler in der Datenerfassung gibt. Aber dazu gibt es nach unserem Kenntnisstand überhaupt keine belastbaren Zahlen, nicht einmal Näherungswerte, die es erlauben würden, auch nur annähernd einzuschätzen, wie viele Kinder und Jugendlichen betroffen sind. Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass es auch Flüchtlingskinder gibt, die nach ihrer Einreise in Deutschland gar nicht erfasst worden sind. Insofern gibt es auch noch eine gewisse Dunkelziffer, aber auch hier gibt es keinerlei verlässliche Zahlen. Wir müssen also im Interesse der betroffenen Kinder die möglichen Risikolagen ernst nehmen. Schließlich weist das Bundeskriminalamt selbst darauf hin, dass bei vermissten Kindern grundsätzlich von einer Gefahr für Leib oder Leben ausgegangen werden muss, solange die Ermittlungen nichts anderes ergeben“, so Hofmann weiter.
In einigen europäischen Ländern erfolgt eine Einschätzung der Schutzbedürftigkeit, wenn unbegleitete Minderjährige vermisst werden. Dies sollte aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch in Deutschland Standard werden. Hier ist die Bundesregierung gefordert, entsprechend tätig zu werden.
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Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. setzt sich seit 50 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit als Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.