"Alle laufen mit ihren selbstbedruckten T-Shirts durch die Stadt"

Was tun, wenn es in der eigenen Stadt kaum kulturelle Angebote für junge Menschen gibt? Jugendliche aus Neuruppin in Brandenburg haben darauf eine Antwort: Man gründet selbst eines! In ihrem Jugendclub haben sie eine eigene Siebdruckwerkstatt ins Leben gerufen. Unser Projekt des Monats.

An sich gibt es in ihrer Stadt schon Angebote für junge Menschen, sagen Toni (20) und Mathis (23). Es gibt Sportvereine, zwei Jugendtreffs, ab und an auch Feste und Veranstaltungen. Nur für Jugendliche, die kreativ werden wollen, gab es vor der “Siebdrucke” wenig Räume. Toni und Mathis engagieren sich im Jugendzentrum JWP Mittendrin und haben dort eine Siebdruckwerkstatt aufgebaut. Die Idee brachte Mathis von einem Workshop in einem benachbarten Jugendclub in Wittstock mit. “Ich war begeistert, was man mit Siebdruck alles machen kann”, sagt er: T-Shirts, Pullis, Kunstdrucke. 

Schnell stand für ihn fest: Auch in Neuruppin soll es eine Siebdruckwerkstatt für junge Menschen geben. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen stellte er einen Förderantrag beim Kinderkultur-Fonds des Deutschen Kinderhilfswerkes. Was mit dem Fördergeld passiert, entschieden sie gemeinsam. “Bei uns läuft alles basisdemokratisch”, betont Toni. Das ist ihnen wichtig. Andere Angebote für junge Menschen würden oft von Erwachsenen gemacht. Aber in ihrem Jugendzentrum stellen junge Menschen etwas für andere Kinder und Jugendliche auf die Beine. 

Einladung von der Stadt 

Einmal im Monat organisieren sie die Workshops, die sich hauptsächlich an Jugendliche ab 14 Jahren richten, weil es für diese Zielgruppe sonst am wenigsten Angebote gibt. Aber auch jüngere Kinder können mitmachen, zum Beispiel, wenn sie mit den Siebdrucken bei Stadtfesten unterwegs sind. Auch eine Projektwoche an einer Schule gab es schon. “Das Projekt kriegt immer mehr Öffentlichkeit, das ist echt schön”, sagt Mathis. Vor Kurzem wurden sie von der Stadt zum Jugendkulturfestival eingeladen. Aber auch bei Demonstrationen oder Aktionstagen wie dem Weltflüchtlingstag sind sie unterwegs und nutzen die Siebdruck dann auch als Ausdruck für politische Positionen. 

Beim Drucken ist Präzision gefragt 

Toni und Mathis verfolgen mit dem Siebdruck-Projekt noch ein weiteres Ziel: Sie wollen die Jugendlichen vom Handy wegholen. Im Jugendzentrum beobachten sie oft, dass die Jugendlichen zwar da sind, aber wenig miteinander machen. Vielen falle es schwer, das Handy aus der Hand zu legen. Aber wenn sie erstmal mit dem Siebdruck loslegen, gehen sie richtig im Prozess auf, sagt Toni. Denn der hat es in sich: Man muss sich konzentrieren und die richtige Belichtungszeit von exakt 3:40 Minuten erwischen, sonst wird der Druck nichts. “Wenn es dann klappt, ist das ein richtig schönes Erfolgserlebnis”, sagt Toni. “Viele verschenken ihre Sachen dann an Freunde, weil sie so stolz darauf sind. Mittlerweile laufen alle in der Stadt mit selbstbedruckten T-Shirts rum”, erzählt Mathis. 

Mathis und Toni hoffen, dass sie die Siebdruckwerkstatt weiter ausbauen und fest in Neuruppin etablieren können. Es gibt schon Überlegungen, Drucke zu verkaufen oder gegen Spende anzubieten, um irgendwann kostendeckend ohne Förderung arbeiten zu können. Nachfrage ist auf jeden Fall da: Abiklassen kommen, um ihre Abschlusspullis zu drucken. Und auch außerhalb der monatlichen Workshops können Jugendlichen jederzeit kommen, wenn sie eigene Projekte umsetzen wollen. Am Anfang sind Mathis oder Toni dann noch dabei. “Aber die können dann schnell total selbstständig arbeiten, die wissen genau, was sie tun”, sagt Mathis. 

Aus der Jurybegründung 

„Die Siebdruckwerkstatt ermöglicht es Jugendlichen, ihre Gedanken und Perspektiven künstlerisch auszudrücken. Auf Kleidung, Stickern oder Papier können sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen und eigene Designs entwerfen. Der Wunsch nach diesem Angebot kam von den Jugendlichen selbst. Uns hat sehr beeindruckt, wie sie sich um eine Förderung für ihr Projekt bemüht haben und die Räumlichkeiten selbst nach ihren Vorstellungen gestalten, um dort regelmäßig gemeinsam Workshops umzusetzen. Durch den Peer-to-Peer-Ansatz geben sie ihr Wissen auf Augenhöhe weiter. Das stärkt ihr Selbstvertrauen und den Zusammenhalt und sie erfahren, was sie zusammen bewirken können“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. 

 

 

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