Projekt des Monats
Hier stellen Kinder die Fragen!

Im Pixel Sozialwerk in Erfurt produzieren Kinder einen eigenen Podcast, für den sie Gäste interviewen. Dabei lernen sie, wie sie Medien selbst produzieren können – und worauf sie achten müssen, wenn sie etwas im Internet veröffentlichen. Unser Projekt des Monats.
Beheshta, Zalasch und Romila sind schon ganz aufgeregt, denn diese Woche wird der erste Gast für ihren Podcast zu Besuch sein. „Wir haben schon viele Fragen vorbereitet“, erzählt die 11-jährige Zalasch. „Aber mitten im Gespräch kommen mir dann bestimmt noch ganz viele Ideen, was ich noch fragen will.“
Zalasch und die anderen beiden Mädchen wohnen im Erfurter Stadtteil Rieth und besuchen dort nachmittags nach der Schule oft das Pixel Sozialwerk – einen Offenen Treffpunkt für Kinder und Jugendliche, an dem verschiedene Aktivitäten angeboten werden. Seit Anfang des Jahres gibt es dort ein neues Projekt: den Kinderpodcast „Kinder fragen Kinderfragen“. Das Deutsche Kinderhilfswerk fördert dieses Projekt über seinen Themenfonds „Medienkompetenz“.
Das Angebot findet jeden Dienstag statt, alle Kinder, die an diesem Tag zu Pixel kommen, können mitmachen. Beheshta, Zalasch und Romila sind fast jede Woche dabei. Im Projekt produzieren sie einen eigenen Podcast, den sie auf der Plattform Spotify veröffentlichen. Dafür laden sie für jede Folge Gäste ein, die sie interviewen. „Die Menschen befragen wir dann zu ihrer Lebensgeschichte“, erklärt die 12-jährige Romila. „Wir wollen von ihnen wissen, wie ihr Weg war und wie sie ihr Ziel erreicht haben.“
Den Podcast nehmen sie mit professioneller Technik auf
Das Konzept für den Podcast haben die Kinder mit einer Betreuerin von Pixel selbst erarbeitet. Gemeinsam überlegten sie, wen sie einladen möchten und stimmten demokratisch über die Vorschläge ab. Für die erste Folge haben die Kinder zum Beispiel die Leiterin eines Erfurter Stadtmagazins eingeladen. Vor der ersten Aufnahme überlegten sie sich einen Fragenkatalog und nahmen mit einem professionellen Mikrofon einen kleinen Teaser auf, um den Umgang mit der Technik zu üben.
Dass die Kinder für den Podcast verschiedene Menschen interviewen, hat für sie einen wichtigen Effekt, sagt Anna Reppel, Leiterin des Pixel Sozialwerks. Denn der Stadtteil Rieth, in dem die Kinder leben, ist eine der größten Plattenbausiedlungen Deutschlands. Die soziale Segregation ist hoch, 60 Prozent der Kinder sind armutsgefährdet. Die Kinder leben im Plattenbau, besuchen dort die Schule – raus aus ihrem Stadtteil kommen sie kaum. „Durch den Podcast können sie Menschen kennenlernen, die sie sonst nie getroffen hätten“, sagt Reppel.
Am liebsten würden sie mal Prominente oder Influencer von TikTok interviewen, sagt die 11-jährige Beheshta. Die Sozialen Medien sind für die drei Mädchen ganz selbstverständlich Teil ihres Alltags: Sie schauen sich täglich Videos auf TikTok an und laden auch selbst Beiträge auf der Plattform hoch. Influencer*innen sind für sie wichtige Vorbilder.
Die Kinder merken: Meine Meinung zählt!
Um ihren Podcast bekannter zu machen, produzieren die Kinder im Projekt Beiträge, Fotos und Videos für die Social-Media-Kanäle von Pixel. Dabei lernen sie zum Beispiel, welche rechtlichen Vorgaben es rund um die Sozialen Medien gibt. „Wenn wir jemanden fotografieren wollen, brauchen wir natürlich eine Erlaubnis“, erklärt Romila. Und auch damit die Kinder überhaupt beim Podcast-Projekt mitmachen können, müssen ihre Eltern vorher zustimmen.
Doch die Kinder lernen im Projekt nicht nur Medienkompetenz, sondern auch, wie sie Medien selbst nutzen können, um auf ihre Belange aufmerksam zu machen. „So erleben sie, dass ihre Meinung etwas zählt“, sagt Carina Fey, Mitarbeiterin bei Pixel, die den Kinderpodcast betreut. „Und sie sehen, dass sie auch im jungen Alter etwas auf die Beine stellen können.“ Für den Podcast führen die Kinder nicht nur die Interviews, sondern schneiden diese auch am Computer und laden die Folgen selbst hoch.
Die drei Mädchen sind stolz auf ihr Projekt. Bis die erste Folge online zu hören sein wird, dauert es zwar noch ein bisschen – aber Zalasch, Beheshta und Romila freuen sich jetzt schon darauf, sie ihren Freunden und ihrer Familie zu zeigen.


"Das Besondere am Projekt „Kinder fragen Kinderfragen" ist, dass es Kindern die Möglichkeit gibt, ihre Perspektiven und Ideen einzubringen und gemeinsam ihre Medienkompetenz zu erweitern. Dabei werden sie aktiv-gestalterisch an allen Projektschritten beteiligt: Sie selbst entscheiden, welche Interviewgäste sie einladen, bereiten die Fragen vor, führen die Aufnahmen durch und schneiden das entstandene Material. Das ermutigt sie, digitale Medien auch in Zukunft zu nutzen, um ihren eigenen Anliegen und Perspektiven wirksam Gehör zu verschaffen."
- aus der Jurybegründung