Projekt des Monats
Koch-AG in Frankfurt: Gesund selbst kochen

Gesunde Lebensmittel sind oft teurer als Fertigprodukte. Regelmäßig selbst zu kochen ist für viele Familien deshalb nicht selbstverständlich. Bei der Koch-AG im Freizeitzentrum Nordstern in Frankfurt (Oder) probieren Kinder jede Woche andere Rezepte aus – und lernen so, wie man sich ausgewogen und preiswert ernähren kann. Unser Projekt des Monats.
Jim, Lennox und Summer ziehen sich rot-weiß gestreifte Kochschürzen an, dann schnappen sie sich Äpfel und waschen und vierteln sie. Heute kochen sie Apple Crisp – ein süßer Auflauf mit Haferflocken, Äpfeln und Nüssen. „Und jetzt findet den nächsten Schritt mal allein raus“, sagt Jason zu ihnen. Er ist 15 Jahre alt und leitet die Koch-AG im Freizeitzentrum Nordstern in Frankfurt (Oder). Der Nordstern ist ein Offener Jugendtreff des Internationalen Bundes Berlin-Brandenburg für Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren. Sie können dort spielen, sich austauschen oder an Ferienprogrammen teilnehmen. Einmal in der Woche kochen sie in kleinen Gruppen mit bis zu fünf Kindern.
Jason ist selbst „Nordsternkind“, wie er sagt. Als er jünger war, hat er viel Zeit in dem Jugendtreff verbracht und oft bei der Koch-AG mitgemacht. Mittlerweile leitet er die Kindergruppe an. Die Rezepte suchen sie selbst aus. Nach jeder Kochaktion besprechen sie, was sie nächste Woche zubereiten wollen. Manchmal schlagen die Kinder Rezepte vor, die sie online auf der Videoplattform TikTok gesehen haben. „Aber es ist etwas ganz anderes, ob man anderen immer nur beim Kochen zuschaut oder es selbst macht“, sagt Jason.
Viel selbst machen – genau das ist die Idee hinter der Koch-AG, sagt Janin Schmidt, die das Freizeitzentrum Nordstern leitet. Viele Kinder, die in den Jugendtreff kommen, essen kaum zu Hause. Gekocht wird in manchen Familien selten – auch aus finanziellen Gründen. Jeden Freitag bieten sie im Nordstern ein warmes Essen für einen Euro an. „Aber manchmal haben die Kinder nicht mal einen Euro für den Mittagstisch“, sagt Schmidt.
Wie kann man günstig gesund kochen?
Deshalb achten sie bei der Koch-AG darauf, möglichst preiswert zu kochen, damit die Kinder die Rezepte zu Hause nachkochen können. Die Zutaten kaufen die Kinder gemeinsam ein. So lernen sie, im Supermarkt darauf zu achten, welche Lebensmittel gerade Saison haben oder welche Produkte sie regional kaufen können. Aber man müsse das auch realistisch sehen, sagt Schmidt.

Gerade Bio-Lebensmittel sind teuer und durch die Inflation steigen die Preise immer mehr. Das merken sie auch im Nordstern. Das Eis, das sich die Kinder an der dunkelgrünen Holztheke kaufen können, kostet jetzt 20 statt 10 Cent. Das muss sein, um die Kosten zu decken. Die Krise bedroht auch den Jugendtreff, der zwar vom Jugendamt finanziert wird – aber eben nicht ausreichend, um Aktivitäten wie die Koch-AG veranstalten zu können. Deshalb bewarb sich das Team beim Deutschen Kinderhilfswerk für eine Förderung, aus der sie nun die Kochnachmittage bezahlen.


Auszeichnung für Projekte
Mit der Auszeichnung "Projekt des Monats" würdigen wir jeden Monat Projekte, die eine Förderung vom Deutschen Kinderhilfswerk erhalten haben und in besonderer Weise für Kinder und Jugendliche wirken.
Sie finden, Ihr Projekt hat die Auszeichnung verdient? Dann bewerben Sie sich! Alle Infos zum Projekt des Monats finden Sie auf dieser Seite.
Durch die Inflation werden Lebensmittel noch teurer
Das Deutsche Kinderhilfswerk unterstützt jedes Jahr zahlreiche Projekte, die Kindern die Grundlagen einer nachhaltigen Ernährung vermitteln. Zudem können Kinder auf unserer Kinderwebseite kindersache.de viel über Ernährung lernen. „Damit Kinder sich gut entwickeln können, ist eine ausgewogene Ernährung sehr wichtig“, betont Jule Neumann, Mitarbeiterin in der Kindersache-Redaktion. „Aber sich gesund zu ernähren ist nicht immer einfach.“ Zum einen, weil gesunde Lebensmittel zum Teil teurer sind als ungesunde Fertigprodukte. Aber auch, weil manche Kinder und auch Erwachsene nicht genau wissen, was zu einer gesunden Ernährung gehört. „Außerdem können Kinder häufig gar nicht mitentscheiden, was es zu essen gibt“, sagt Neumann.
Das hört auch Jason in den Gesprächen mit den Teilnehmenden der Koch-AG immer wieder heraus. Er hofft deshalb, dass die Kinder das, was sie lernen, mit nach Hause nehmen und die Rezepte vielleicht auch mal mit ihren Eltern zusammen nachkochen. „Wir wollen den Eltern zeigen, dass Kinder auch etwas können“, sagt er. Im vergangenen Sommer haben sie sogar ein großes Buffet organisiert, zu dem sie die Eltern der Kinder eingeladen haben.
Rezepte zum Nachmachen

Jason probiert in der Koch-AG am liebsten Rezepte wie Pizza oder Nudelaufläufe aus – „Sachen, die man sonst vielleicht nur aus der Tiefkühltruhe kennt.“ Die kochen die Kinder dann mit frischen Zutaten. „Zu Hause würde man das sonst vielleicht nicht machen“, sagt er. Auch das Rezept für den Apple Crisp, den sie heute kochen, kann man gut zu Hause nachkochen. Mittlerweile dünsten die Äpfel in einem großen Topf. „Riecht gut“, sagt der 12-jährige Lennox.
Durch das offene Fenster schauen Kinder, die gerade draußen auf dem Hof spielen, in die Küche herein. „Und, was kocht ihr heute?“, fragen sie. Die Koch-AG ist bei allen Kindern im Nordstern beliebt. Jede Woche sind andere Kinder dabei, die Gruppen sollen nicht zu groß werden, sagt Jason. „Jeder muss etwas zu tun haben, sonst wird es langweilig.“ Deshalb achtet er darauf, jedem Kind eine Aufgabe zu geben. Während die 13-jährige Summer den Teig anrührt, hackt Lennox gerade die Nüsse, die gleich mit in den Ofen sollen.
Am Ende sind die Kinder jedes Mal stolz auf das, was sie gekocht haben, sagt Jason. Einmal sei ein Mädchen so begeistert gewesen, dass sie über den ganzen Hof rannte und alle Kinder fragte: „Wollt ihr mein Essen probieren?“, erzählt er.
Und auch heute ist das Gericht lecker geworden. Nach rund 15 Minuten zieht Jim den braun gewordenen Apple Crisp aus dem Ofen, es riecht nach gebackenen Äpfeln und Zimt. „Sieht gesund aus“, findet Jim. „Ist es auch“, sagt Jason und lacht.


"Die Koch-AG im Freizeitzentrum Nordstern ist ein tolles Projekt! Denn das Projekt ist von Kindern für Kinder gemacht. Die Kinder lernen gemeinsam, wie sie selbst lecker und gesund kochen können. Beteiligung spielt dabei eine besonders große Rolle: Die Kinder entscheiden jede Woche selbst, welche Rezepte sie ausprobieren wollen und bereiten ihre Koch-AG selbständig vor. Dadurch werden sie ermutigt, die Gerichte selbst zu Hause nachzukochen, was sich langfristig positiv auf ihre Ernährung und ihre Entwicklung auswirkt."
Claudia Keul, Referentin Kinderarmut