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Newsletter Kinderpolitik 22.10.20
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Deutsches Kinderhilfswerk drängt auf zügige Novellierung des Jugendschutzgesetzes für einen zeitgemäßen Kinder- und Jugendmedienschutz |
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Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt, dass mit dem Gesetzentwurf zur Novellierung des Jugendschutzgesetzes endlich ein zeitgemäßer Kinder- und Jugendmedienschutz in greifbare Nähe rückt. Besonders positiv bewertet das Deutsche Kinderhilfswerk die Zielstellung des Gesetzesentwurfs, den Jugendmedienschutz explizit an Vorgaben aus der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Dadurch können Schutz, Teilhabe und Förderung von Kindern und Jugendlichen in den Medien gleichermaßen unterstützt werden.
Bund und Länder sollten endlich die Interessen der Kinder und Eltern in den Mittelpunkt stellen. Da Kinder heutzutage sehr früh mit Medien in Kontakt kommen, brauche es einheitliche, für Eltern und Kinder nachvollziehbare, vor allem aber wirksame Schutz- und Meldeverfahren sowie Angebote zur Aufklärung und Orientierung. Dafür ist es auch wichtig, Anbieter von Medieninhalten, Mediendiensten und Endgeräten stärker in die Verantwortung für einen praktischen Kinder- und Jugendmedienschutz zu nehmen. Wirtschaftliche Interessen dürften nicht auf Kosten der Integrität von Kindern verfolgt werden.
Das Deutsche Kinderhilfswerk unterstützt auch das Anliegen des Gesetzesentwurfes, neben herkömmlichen Schutzzielen neue Risikolagen für Kinder und Jugendliche in den Blick zu nehmen. Hier spielen beispielsweise sogenannte Interaktionsrisiken wie Cybermobbing oder versteckte Kaufappelle an Kinder und Jugendliche in Spiele-Apps eine Rolle. Auch die persönlichen Daten von Kindern und Jugendlichen gilt es aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes besser als bisher zu schützen. Diese neuen Gefahren gilt es effizient und transparent in bestehende Prüfverfahren und Jugendmedienschutzklassifizierungen einzubinden. Es ist wichtig, neben der Altersklassifizierung auch verbindlich Symbole zur Deklarierung konkreter Gefahren einzuführen, dies wird die Transparenz stärken und Kindern wie Eltern helfen, besser einschätzen zu können, ob das Angebot für sie geeignet ist.
Der Novellierungsprozess des Jugendschutzgesetzes vollzieht sich auch vor dem Hintergrund des derzeit laufenden Arbeitsprozesses des UN-Kinderrechtsausschusses zu einer Allgemeinen Bemerkung (General Comment) zu Kinderrechten in der digitalen Welt. Dies verdeutlicht, dass sich verändernde Medienwelten und damit verbundene Jugendschutzsysteme keine alleinigen Herausforderungen einzelner Nationalstaaten sind.
Mehr Infos: Pressemitteilung des Deutschen Kinderhilfswerkes vom 14.10.2020 und Positionierung des Deutschen Kinderhilfswerkes Mehr Transparenz im Jugendmedienschutz |
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3. |
Europäischer Asyl- und Migrationspakt: Kinderrechte bleiben draußen |
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Mit großer Besorgnis haben zahlreiche Organisationen wie das Deutsche Institut für Menschenrechte, Pro Asyl oder der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) auf den kürzlich vorgestellten Asyl- und Migrationspakt der EU reagiert. Der BumF kritisiert etwa, dass Kindeswohl und Kinderschutz zugunsten der Grenzsicherung geopfert würden und die UN-Kinderrechtskonvention in den Vorschlägen nicht einmal erwähnt wird.
Der neue Pakt sieht ein Vorprüfverfahren an den EU- Außengrenzen für alle Schutzsuchenden vor, die ohne legales Recht in die EU einreisen. Auf Grundlage dieser Vorprüfung wird entschieden, ob und welches Asylverfahren durchlaufen werden muss: ein reguläres Verfahren zur Prüfung des internationalen Schutzes mit einer offiziellen Einreise oder aber ein beschleunigtes Grenzverfahren ohne Einreise. Damit ist das Vorprüfungsverfahren faktisch eine Art „Schutzverfahren light“.
Auch „Minderjährige und vulnerable Gruppen“ wären von dem „Schutzverfahren light“ betroffen. Es sind zwar Sonderregelungen für unbegleitete Minderjährige vorgesehen, es bleibt jedoch den jeweiligen Staaten überlassen bleibt, ob und wie die Identifikation erfolgt. Während der Vorprüfung bleiben die Personen im „Transit“ – gelten also als nicht in die EU eingereist. Damit drohen Haftlager zu entstehen in denen auch Minderjährige leben müssen. Dies soll erweitert auch auf alle Personen angewandt werden können, die in einem Mitgliedstaat aufgegriffen werden und bei denen es keinen Hinweis auf eine autorisierte Einreise gibt. Der Europäische Gerichtshof verurteilte hingegen die Schaffung von Transitzonen durch den Staat Ungarn als europarechtswidrige Inhaftierung und mahnt die Kommission, sich in ihren Vorschlägen an der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu orientieren.
Mehr Infos: Pressemitteilung des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte und Gemeinsamer offener Brief zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft: Die Rechte von Kindern in der Neuausrichtung der gemeinsamen europäischen Asylpolitik (PDF) |
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5. |
Armutsbetroffene Jugendliche haben schlechtere Bedingungen für ihre Eigenständigkeit |
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Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) hat den „Monitor Jugendarmut in Deutschland 2020“ vorgestellt. Der Tenor: Jugendarmut beschneidet die Entwicklungs- und Teilhabechancen junger Menschen erheblich und oft dauerhaft. Betroffene starten unter deutlich schlechteren Bedingungen in ihre Eigenständigkeit als finanziell besser abgesicherte junge Menschen. Und Corona verschärft diese Ungleichheit: Mangelnde digitale Teilhabe hängt arme Jugendliche in der schulischen Bildung noch weiter ab, womit eine gute Berufsausbildung in noch weitere Ferne rückt.
Der Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2020“ beleuchtet die Verfügbarkeit von Ausbildungsplätzen, den Wohnungsmarkt als zusätzliche Hürde, die mangelnde soziale Teilhabe sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Perspektiven benachteiligter Jugendlicher.
Die Folgen der Coronakrise treffen alle, aber längst nicht alle gleichermaßen hart. Rund 3,2 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland waren schon vor der Pandemie armutsgefährdet. Die meisten von ihnen leben in Haushalten, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Das Arbeitsministerium schätzt, dass die Zahl der Haushalte mit Grundsicherung durch die Coronakrise um 1,2 Millionen Haushalte steigen wird. Auf die prekäre Situation dieser jungen Menschen und die Schwierigkeiten, Armut zu überwinden, weist der „Monitor Jugendarmut“ hin.
Mehr Infos: Monitor Jugendarmut in Deutschland 2020 (PDF) und Pressemitteilung des Deutschen Kinderhilfswerkes vom 07.10.2020 |
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6. |
Streitschrift: Corona-Chronik – Gruppenbild ohne (arme) Kinder |
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Mit einer Streitschrift möchte das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. (ISS) Kinder und Jugendliche, und insbesondere arme und weitere sozial benachteiligte, stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung in der Corona-Krise rücken als dies in den vergangenen Monaten der Fall war.
Dazu wird komprimiert und auch grafisch eine Chronologie von Krisenmaßnahmen des Bundes mit dem Fokus auf diese Gruppe der Kinder und Jugendlichen skizziert. Fehlsteuerungen werden genannt und fachliche Impulse gegeben, damit die Kinder-, Jugend- und Familienperspektive mehr und anders in die Krisenbewältigung einfließen kann.
Ziel ist, Ankerpunkte für einen anderen Umgang und für sozial inkludierende Handlungsstrategien durch Politik und Praxis zu nennen. Ziel ist nicht, die grundsätzliche Tatsache des Lockdowns zu kritisieren. Die Entwicklung zwischen März und August 2020 wird unter dieser Perspektive auf Grundlage einer Recherche zusammengefasst, die auf rund 60 Publikationen (wissenschaftliche Untersuchungen, Stellungnahmen und Positionspapieren, Reportagen, Praxis- sowie Presseberichte) beruht.
Mehr Infos: Streitschrift Corona-Chronik – Gruppenbild ohne (arme) Kinder (PDF) |
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Thüringen: Deutsches Kinderhilfswerk begrüßt Vorschlag zu Kinderrechten in Landesverfassung |
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Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die von der Thüringer Landesregierung vorgschlagene Verfassungsänderung zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen. Eine Verfassungsänderung würde die Position der Kinder im Rechtssystem stärken und ein klares Signal für mehr Kinderfreundlichkeit geben. Mit der expliziten Verankerung des Kindeswohls als wesentliche Leitlinie und des Beteiligungsrechts für Kinder könnte Thüringen zusammen mit dem Land Hessen das Bundesland mit der modernsten Landesverfassung in Bezug auf Kinderrechte werden.
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ist der Vorrang kindlicher Interessen verbunden mit dem Recht auf Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen Angelegenheiten, die sie betreffen, sehr wichtig, da Kinder nicht einfach nur eine gesellschaftliche Teilgruppe von vielen sind. Alle Menschen durchlaufen das Stadium der Kindheit und benötigen in dieser Altersphase besondere Rechte auf Schutz, Beteiligung und Förderung. Daher wurden sie in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben, obwohl zuvor bereits allgemein gültige Konventionen für Menschenrechte existierten. Dass aus der Landesverfassung die Verpflichtung aller staatlichen Stellen in Thüringen zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention deutlich werden soll, wird zu mehr Rechtssicherheit führen und den Kinderrechten einen zusätzlichen Schub geben.
Die aktuelle Diskussion um die Kinderrechte in der Thüringer Verfassung reiht sich ein in eine politische Entwicklung, die gut ist für das Wohl der Kinder und die Zukunftsfähigkeit Thüringens sowie ganz Deutschlands. So gibt es inzwischen auf Bundesebene eine breite Unterstützung für eine Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz. Hier fordert das Deutsche Kinderhilfswerk von der Bundesregierung, zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundeskabinett zu verabschieden und im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards zu einer umfassenden Absicherung von Kinderrechten angemessen Berücksichtigung finden.
Mehr Infos: Stellungnahme des Deutschen Kinderhilfswerkes und Pressemitteilung des Deutschen Kinderhilfswerkes vom 16.10.20 |
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Neues Diskussionspapier zum Schutz der Privatsphäre von Kindern bei Radikalisierungsverdacht |
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Ein neu veröffentlichtes Working Paper des Deutschen Instituts für Menschenrechte und der Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte untersucht die Frage, inwiefern Kinder in ihrem Recht auf Privatsphäre gegen Eingriffe im schulischen Raum auf Grund der Vermutung einer Radikalisierung geschützt sind. Verfassungsrechtlich durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgesichert und wesentlich durch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen konkretisiert, ist die Privatsphäre von Kindern weitreichend geschützt. Die Eingriffsmöglichkeiten und Offenbarungsbefugnisse sind jedoch zahlreich und reichen von Grundrechtseingriffen zum Schutz Dritter, über straf-, schul- und nachrichtendienstliche Eingriffsbefugnisse.
Die vielgestaltigen Eingriffsmöglichkeiten in den Schutz der Privatsphäre von Kindern auf Grund der Vermutung einer Radikalisierung halten einer kinderrechtlichen Bewertung nur bedingt stand. Aus Art. 3 UN-Kinderrechtskonvention folgt die Verpflichtung, eine Maßnahme zu wählen, welche das Kindeswohl am besten berücksichtigt. Fallkonstellationen aus Großbritannien zeigen, dass das Kindeswohl sowie weitere Verpflichtungen aus der UN-KRK (Recht auf Entwicklung, Recht auf Beteiligung, Recht auf Nichtdiskriminierung und Recht auf Zugang zu Bildung) nicht hinreichend berücksichtigt werden.
Ergebnis des Working Papers ist, dass eine Datenerhebung und Weitergabe nur bei einer klar bestimmten rechtlichen Grundlage zulässig sind. Für das durch große Unsicherheit und teilweise auch vorschnelles Handeln gekennzeichnete Feld der Radikalisierungsprävention wird eine Abwägung verlangt, welche den Grad der Gewissheit, den Grad der Gefährdung für die betroffene Person und die Tragfähigkeit der Vertrauensbeziehung zwischen Schüler*in und Lehrer*in gegeneinander abwiegt. Sollte im Endergebnis dennoch eine Datenweitergabe von der Schule an andere staatliche Stellen befürwortet werden, so sind die betroffenen Kinder und Eltern davon in Kenntnis zu setzen. Eine Datenweitergabe ohne Kenntnis ist nur in absoluten und streng zu umgrenzenden Ausnahmefällen und einzig und allein zum Schutz des Kindes zulässig.
Mehr Infos: Working Paper Der Schutz der Privatsphäre von Kindern bei Radikalisierungsverdacht (PDF) und ein Interview mit den Autor*innen des Working Papers |
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Einladung zur digitalen Veranstaltung „Passgenau? – Bessere Kinderteilhabe durch Pass-Systeme“, Dienstag, 27. Oktober 2020, 14-17 Uhr |
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Gelingende gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen benötigt zwei tragende Säulen: die materielle Absicherung ihres soziokulturellen Existenzminimums und ein bedarfs- und chancengerechtes Infrastrukturangebot in ihrem Umfeld. Ziel muss es sein, Kindern ein möglichst selbstbestimmtes Leben und eine individuell angepasste Förderung zu garantieren, unabhängig von der Höhe des Familieneinkommens und den Gegebenheiten am Wohnort. Bisher ist es in weiten Teilen Deutschlands noch nicht gelungen, Kindern aus armutsbetroffenen Familien gleiche Chancen zu ermöglichen. Es scheitert am fehlenden Angebot, den Kosten oder den bürokratischen Hürden.
Das virtuelle Fachgespräch am Dienstag, 27. Oktober 2020, von 14-17:00 Uhr will eine Übersicht liefern, welche Pass-Systeme bisher existieren, die sich in Bezug auf Anbietende, Adressierte und Leistungskatalog sowie Voraussetzungen der Inanspruchnahme und Geltungsbereich stark unterscheiden. Mit Hilfe einer Systematisierung der verschiedenen Modelle sollen die Potenziale von Pass-Systemen für die Verbesserung von Kinderteilhabe dargestellt und umsetzungskritische Aspekte aufgezeigt werden. Ausgehend von guten Praxisbeispielen soll zudem dargestellt werden, wie deren flächendeckende Nutzung zur verbesserten Teilhabe von Kindern beitragen kann.
Inputs kommen von Franziska Brantner, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Petra Budke, MdL, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, Sprecherin für Bildung, Kinder, Sport, Medien und Religion, Birgit Duden, Stadt Oldenburg, Fachdienst Besondere Soziale Hilfen/Amt für Teilhabe und Soziales, Lutz Foth, Sozialamt Landeshauptstadt Stuttgart und George Wyrwoll, Unternehmenskommunikation und Regierungsbeziehungen Sodexo Pass GmbH.
Mehr Infos: Ankündigung und Anmeldung |
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